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Eine junge Frau steht in einem Frauenhaus. (Symbolfoto)

© dpa/Peter Steffen

Update

Hohe Dunkelziffer vermutet: Polizei zählt bislang rund 14.000 Fälle häuslicher Gewalt in Berlin

In Berlin werden jedes Jahr tausende Menschen Opfer von häuslicher Gewalt – meist sind es Frauen. Das müsse endlich ernst genommen werden, fordert Terres des Femmes.

| Update:

Die Berliner Polizei hat bislang knapp 14.000 Fälle (Stand 31. Oktober) häuslicher Gewalt erfasst. Davon betroffen waren nach Angaben eines Sprechers rund 14.670 Opfer, der überwiegende Teil davon waren Frauen (71,9 Prozent). Dies entspricht in etwa dem Bild in den Jahren 2020 und 2021, als der Anteil der weiblichen Opfer 71,5 (von insgesamt 16.327 Fälle) beziehungsweise 71 Prozent (15.630 Fälle) ausmachte. In einem Großteil der Fälle hatten die Opfer eine Partnerschaft mit dem Täter.

In Brandenburg war die häusliche Gewalt nach Angaben des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz mit gut 5000 erfassten Straftaten im vergangenen Jahr ebenfalls nach wie vor hoch. Die Polizei gehe zudem von einer hohen Dunkelziffer aus, weil Taten nicht angezeigt würden. Betroffen sind auch hier meistens Frauen, wie es hieß. 

Brandenburgs Frauenministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) forderte anlässlich des Internationalen Aktionstags zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am 25. November mehr Sensibilität im Umgang mit Opfern von Gewalt.

Schuldig müssen sich allein die Täter fühlen.

Brandenburgs Frauenministerin Ursula Nonnemacher (Grüne)

„Wir müssen die Warnzeichen für Gewaltbetroffenheit ernst nehmen und einen Tabubruch bewirken. Schuldig müssen sich allein die Täter fühlen“, betonte die Politikerin am Mittwoch laut einer Mitteilung. Strafverfolgung und Justiz müssten noch sensibler werden und auch Verfahren verkürzen, sagte Nonnemacher. Der „Leidensweg vieler Frauen ist ohnehin oft lang, vor allem wenn Kinder involviert sind.“

Zurzeit stehen in Brandenburg 295 Plätze in 24 Schutzeinrichtungen für Frauen und ihre Kinder zur Verfügung. Laut Istanbul-Konvention wären 625 Plätze erforderlich. Der notwendige Ausbau des Frauenhilfesystems hat nach Angaben des Ministeriums begonnen. Ab 2025 sollen 60 zusätzliche Bettenplätze (cicra 20 Familienzimmer) zur Verfügung stehen.

Nach Angaben von Terres des Femmes wird jede vierte Frau im Lauf ihres Lebens Betroffene von häuslicher Gewalt. „Die steigenden Zahlen der Partnerschaftsgewalt und Femizide müssen endlich ernst genommen werden. Häusliche Gewalt ist keine Privatsache“, forderte Christa Stolle, Bundesgeschäftsführerin der Frauenrechtsorganisation.

Der Duden beschreibt einen Femizid als „tödliche Gewalt gegen Frauen oder eine Frau aufgrund des Geschlechts“. Verwendet wird der Begriff etwa für von Hass und Verachtung getriebene Morde von Männern an Frauen.

Um betroffene Frauen und Kinder vor weiteren Übergriffen zu schützen, müsste etwa Tätern das Sorge- oder Umgangsrecht entzogen werden. Zudem fehlten – vor allem im ländlichen Raum – Frauenhäuser. Mit einer Fahnen-Aktion am Brandenburger Tor will Terre des Femmes in Berlin am Freitag die Forderungen unterstreichen. Nach Angaben von Frauen- und Gleichstellungssenatorin Ulrike Gote (Grüne) wird in Berlin derzeit an einem Landesaktionsplan gearbeitet für einen besseren Schutz der Frauen.

Bundesweit registrierten die Behörden 2021 laut einer aktuellen Statistik 143.016 Fälle, in denen ein aktueller oder ehemaliger Partner Gewalt ausübte oder dies versuchte. Im Vergleich zum ersten Corona-Jahr 2020 war dies ein Rückgang um 2,5 Prozent. Wie aus den Daten hervorgeht, die das Bundeskriminalamt am Donnerstag veröffentlicht hat, waren in den genannten Fällen insgesamt 143 604 Opfer involviert – ein Rückgang der Opferzahl um drei Prozent im Vorjahresvergleich. Der Statistik zufolge waren 80,3 Prozent der von Partnerschaftsgewalt Betroffenen Frauen.

Die Vereinten Nationen haben den 25. November im Jahr 1999 zum Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen erklärt. Die Initiative entstand in Reaktion auf einen schweren Fall von Gewalt an Frauen in der Dominikanischen Republik. In Deutschland wird seit dem 25. November 2001 in vielen Kommunen ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen und Mädchen gesetzt. 

Auch am Familienministerium und im Innenhof des Brandenburger Landtags sollen am Freitag erneut die Flaggen hierzu gehisst werden. Die Istanbul-Konvention ist das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt. (dpa/Tsp) 

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