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Berlin: Hollywood-Regisseur will Teufelsberg kaufen

David Lynch plant Ausbildungsstätte für umstrittene Esoterik-Organisation Evangelischer Sektenbeauftragter warnt vor totalitärem Gedankengut

Er hatte sich sogar schon mit Gleichgesinnten zu einer abendlichen Zeremonie auf dem Teufelsberg getroffen: Auf dem Gelände der ehemaligen amerikanischen Abhörstation im Grunewald will Hollywood-Regisseur David Lynch eine spirituelle „Super-Uni“ bauen und dort die umstrittene Praxis der „Transzendentalen Meditation“ lehren. Doch daraus wird vorerst nichts: Der 61-Jährige kann das Gelände zwar erwerben, aber nicht bebauen.

Auf dem Areal, das seit dem Abzug der Alliierten brach liegt, möchte Regisseur Lynch unter anderem auch das „yogische Fliegen“ lehren. Ein Kaufvertrag ist noch nicht unterschrieben, der jetzige Grundstückseigentümer bestätigt aber Verhandlungen: „Wir sind guter Hoffnung, dass bis Ende Februar der Kaufvertrag unterzeichnet werden kann“, sagt Marvin Schütte von der „Investorengemeinschaft Teufelsberg“. Lynch wolle das Grundstück „so schnell wie möglich“ nutzen.

Die leer stehende Abhörstation ist in den vergangenen Jahren immer mehr verfallen, Anwohner hatten sich wiederholt über Vandalismus beschwert. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung weist darauf hin, dass nach einem gescheiterten Hotelprojekt in den 90er Jahren der Bebauungsplan nicht mehr gültig sei – und im Flächennutzungsplan das Grundstück als Wald eingetragen ist. Wolle Lynch sein Zentrum bauen, müsse er zunächst beim Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf eine Befreiung vom geltenden Planungsrecht beantragen. Damit dürfte er keinen Erfolg haben, sowohl Bürgermeisterin Monika Thiemen (SPD) als auch Baustadtrat Klaus-Dieter Gröhler (CDU) sehen keinen Grund, einen solchen Antrag zu genehmigen. Ob die umstrittene Meditationspraxis vom Bezirk als gefährlich eingestuft werde, wollten die Politiker gestern aber nicht sagen.

Umso deutlichere Worte findet Thomas Gandow, Sektenbeauftragter der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg. Die Transzendentale Meditation könne „für einzelne Menschen sehr gefährlich sein, besonders bei jungen Menschen kann es zu Persönlichkeitsauflösungen kommen“. Auch bei der Senatsverwaltung für Bildung spricht man von einer „konfliktträchtigen Gruppe“ mit einer Praxis, die bei „labilen Menschen zu psychischen Schäden führen kann“. Thomas Gandow wirft der Gruppe „teilweise totalitäres Gedankengut“ vor. Er warnte Lokalpolitiker darum davor, die Pläne Lynchs als „Investition in ihre Gegend“ zu begrüßen. Der CDU-Innenexperte Frank Henkel nennt die Lehren „weltfremd und realitätsentrückt“. „Gerade, nachdem der Senat schon bei der Scientology-Zentrale so überrascht wurde, sollte er jetzt ganz genau hinsehen“.

Die umstrittene Lehre der Transzendentalen Meditation geht auf den indischen Guru Maharishi Mahesh Yogi zurück. Durch besondere Praktiken sollen die Anhänger einen „Zustand der Glückseligkeit“ und schließlich der Erleuchtung erreichen. Populär wurde die Lehre in den 60er Jahren, auch die Beatles besuchten Kurse. In Deutschland gibt es etwa 2000 Anhänger, in Berlin wird die Lehre von der Maharishi-Weltfriedens-Stiftung am Tempelhofer Ufer vertreten. Stiftungssprecher Wolfgang Gied wehrt sich gegen die Vorwürfe gegen die Organisation. Er sagt, mit Hilfe der Transzendentalen Meditation könne man positive Schwingungen verbreiten, die „gut gegen Terrorismus, Kriminalität und andere Negativitäten sind“.

Allerdings wirkten die Schwingungen nur, wenn eine größere Gruppe von Anhängern gleichzeitig meditiere – nämlich mindestens die Quadratwurzel aus einem Prozent der Bevölkerung. In Deutschland würden demnach etwa 1000 Personen ausreichen, um einen „starken positiven Einfluss für das ganze Land zu schaffen“, glaubt Wolfgang Gied. In anderen Staaten habe das Prinzip schon viel Gutes bewirkt: So sei es in der US-Hauptstadt Washington gelungen, die örtliche Kriminalität um 23 Prozent zu senken. Auf den Philippinen sei gar ein Krieg beendet worden.

Der mögliche Grundstückskauf im Grunewald sei nur Teil des Plans, in jeder deutschen Großstadt ab 100 000 Einwohner einen Campus zu errichten. Angeblich wurden bereits zehn Grundstücke gekauft. Denn, so Gied: „Das Wissen muss jetzt raus.“

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