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Die Türme der Karl-Marx-Allee sind aus der Silhouette der Stadt nicht wegzudenken, den Kauf der 670 Wohnungen in der Straße sieht der Senat als richtungsweisend.

© Kitty Kleist-Heinrich

„Ich bin happy“: Das Monopoly in der Karl-Marx-Allee hat ein Ende

Es ist die „große Lösung“: Das Land Berlin sichert sich 670 Wohnungen, die Deutsche Wohnen geht leer aus. Mieter und Senatsmitglieder sprechen von einem Erfolg.

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Norbert Bogedein ist zwar im Urlaub, die gute Nachricht aus der Heimat erreicht den Vorsitzenden des Mieterbeirats der Karl-Marx-Allee aber dennoch in Echtzeit. „Ich bin happy“, erklärt Bogedein am Montag, nachdem Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) mit Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) und Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) über das absehbare Ende des monatelangen Streits um 670 Wohnungen in der Karl-Marx-Allee informiert hat: Berlin kauft die Wohnungen.

Die Stimmung unter den Mietern sei geradezu überschwänglich, erklärt Bogedein. Er schloss nicht aus, dass es in der „KMA“, wie die geschichtsträchtige Allee im Zuge der Auseinandersetzungen um den angedachten Verkauf ehemals landeseigener Wohnungen an das Immobilienunternehmen Deutsche Wohnen genannt wurde, nach seiner Rückkehr eine Party geben könnte.

Verantwortlich für die Nachricht, die Bogedein und die mehr als 1000 von dem Streit betroffenen Mieter der KMA in Glückseligkeit versetzt, sind die Wohnungsunternehmen Predac Immobilien Management AG und Gewobag. Erstere hatte die Wohnungen ursprünglich an das Immobilienunternehmen Deutsche Wohnen verkaufen wollen und damit bei den Mietern Sorgen vor Mietsteigerungen und der damit verbundenen Verdrängung ausgelöst.

Letztere prüfte als landeseigene Wohnungsbaugesellschaft und unterstützt durch den politischen Willen des Senats, die 670 Wohnungen eben nicht der Deutsche Wohnen zukommen zu lassen, einen Ankauf und einigte sich am vergangenen Freitag mit der im Taunus sitzenden Predac. Im Beisein eines Notars beurkundeten beide Seiten ein Vertragsangebot, das den Verkauf aller Wohnungen, die sogenannte „große Lösung“, vorsieht.

Müller: Ein „erster, guter Schritt"

Neben Bogedein freuen sich darüber auch die in den anhaltenden Streit involvierten Senatsmitglieder. Müller spricht von einem „ersten, guten Schritt“ in die Richtung, „dort wo es geht, Wohnungen zu kaufen, damit Berlin wieder mehr Kontrolle über den Wohnungsmarkt erlangt“. Während Lompscher die Einigung als „großartigen Erfolg von Senat, Bezirk und Mieterbeirat“ bezeichnet, spricht Amtskollege Kollatz von „einem guten Tag für Berlin“.

Im Gegensatz zur Gewobag, die jegliche Aussagen zu Inhalten des zwischen beiden Seiten ausgehandelten Vertrages ablehnt, gewähren die Senatsmitglieder Einblick in die Rahmenvereinbarungen beider Seiten. Demzufolge beinhaltet das Angebot „die unverzügliche Übernahme aller Wohnungen und Gewerbeeinheiten, die nicht einzeln von bisherigen Mietern erworben werden“. Darüber hinaus soll es möglich sein, dass Mieter ihre Wohnung und den dazugehörigen Keller selbst erwerben können.

Zu diesem Schritt hatten sich laut Mieterbeirat Bogedein rund 60 Mieter entschieden. 340 weitere hatten sich an dem von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung entworfenen Modell des gestreckten Erwerbs beteiligen wollen. Dieses sah vor, die jeweilige Wohnung zunächst durch den Mieter kaufen zu lassen und dann direkt an eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft – in diesem Fall die Gewobag – weiterzuverkaufen. Durch die große Zahl der Interessenten an diesem Modell wäre der Deutsche Wohnen ihre Mehrheit in der Eigentümerversammlung verloren gegangen. Wohl auch deshalb war das Interesse des Unternehmens an einem Ankauf der Wohnungen zuletzt deutlich erlahmt, weshalb die DW den nun gefundenen Deal laut Müller „unterstützt“.

Mittel für den Kauf werden allein von Gewobag aufgebracht

Aus der Finanzverwaltung hieß es, die gefundene Einigung käme das Land „deutlich“ günstiger als der gestreckte Erwerb. Hintergrund ist, dass die Mittel für den Kauf der Wohnungen allein von der Gewobag aufgebracht werden müssen. Das Land verpflichte sich lediglich zu einem Zuschuss, um Ertragsminderungen bei der Gewobag auszugleichen. Diese sind absehbar, weil Lompscher für die 670 Wohnungen einen sogenannten Betrauungsakt erlassen hatte, der sozialverträgliche Neuvermietungen vorsieht.

Neben Linken-Fraktionschefin Carola Bluhm zeigt sich auch Florian Schmidt (Grüne), Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, erfreut über das Ende des KMA-Streits. „Viele Beteiligte haben auf dieses Ende gehofft“, sagt er und freut sich, dass „ein Kampf, den viele für ein Himmelfahrtskommando gehalten haben“, nun mit dem „ maximalen Ergebnis erfolgreich zum Ende gekommen“ ist. Ziel sei es, „mittelfristig mindestens 50 Prozent der Mietwohnungen in Gemeinwohlbewirtschaftung zu bringen“. Kritik kam aus der CDU-Fraktion: Deren wohnungspolitischer Sprecher Christian Gräff sprach von „unglaublicher Klientelpolitik“ und warf dem Senat vor, „Immobilienspekulation“ zu betreiben.

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