Berlin: Im Rederausch
Ein 16-Jähriger liegt im Koma. Sein Verhängnis: 50 Tequila. Seither streiten Experten, ob Alkohol verboten werden soll für Jugendliche
Stand:
Knapp drei Wochen ist es nun her, dass ein 16-jähriger Zehlendorfer, der 50 Tequila getrunken haben will, ins Koma fiel. Und seither verging kein Tag, an dem Politiker, Suchtexperten und Verbandsvertreter nicht über neue Maßnahmen zur Bekämpfung zunehmenden Alkoholmissbrauchs durch Jugendliche diskutierten.
Eine Mehrheit der Deutschen befürwortet Umfragen zufolge inzwischen ein generelles Alkoholverbot für Jugendliche unter 18 Jahren. Auch zahlreiche Politiker haben ein derartiges Verkaufsverbot gefordert, um dem so genannten Koma-Trinken – gezielten Besäufnissen – einen Riegel vorzuschieben. „Wenn man den Jugendschutz ernst nimmt, muss man die Abgabe von Alkohol an unter 18-Jährige unterbinden“, erklärte etwa Harald Terpe, drogenpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag.
Doch während auf Bundesebene auch Vertreter der Koalitionsparteien selbst ein Verkaufsverbot von Bier und Wein an Jugendliche befürworten, hält die Berliner Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher (Linkspartei/PDS) dies für wenig sinnvoll. Damit werde das Problem nicht gelöst, sondern lediglich verdrängt, sagte die Senatorin. Sie verwies unter anderem darauf, dass der Verkauf harter alkoholischer Getränke an Jugendliche schon heute gesetzlich untersagt ist. Dieses Verbot müsse künftig allerdings strenger und intensiver kontrolliert werden, forderte Lompscher. „Das wären doch nur politische Beruhigungspillen“, sagte sie. Gefordert seien vielmehr das Elternhaus und die Schule.
Die Auseinandersetzung mit dem Alkoholproblem bestimmter Jugendlicher sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, meinen auch Psychiater, Lehrer und Sozialarbeiter. „Drogen sind geächtet, Alkohol hingegen ist salonfähig“, warnte die Drogenbeauftragte des Senats, Christine Köhler-Azara.
Klare Lösungsvorschläge fanden auch Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) und die Jugendstadträte der Bezirke bei einem Treffen am Freitag vorerst nicht. Die Folgen exzessiven Alkoholkonsums sind häufig fatal. Das Virchow-Klinikum der Charité, in dem der komatöse Junge liegt, gibt derzeit keine Auskunft über seinen Zustand, die Polizei bestätigte lediglich, dass der Zustand des Schülers sehr ernst sei. Kürzlich war bekannt geworden, dass 2005 mit 274 Fällen fast doppelt so viele Berliner Jugendliche wegen einer Alkoholvergiftung in einer Klinik behandelt werden mussten wie sechs Jahre zuvor.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: