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„Unsere Warteliste ist lang“: Berliner Wohnungsnotfallhilfe vor großen Problemen
Noch bis Ende April läuft die Kältehilfe, danach stehen nur noch einige Hundert Plätze zur Verfügung. Die Wohlfahrtsverbände fordern eine Ausweitung nicht nur der Unterbringung.
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Es ist kurz nach 11 Uhr am Donnerstag, doch vor dem Mann am Tisch in der Nostitzstraße steht schon ein Bier. Und das ist auch okay an diesem Ort. „Trinken ist hier quasi Pflicht“, sagt Lukas Lindner, Leiter des Wohnheimes Neue Chance bei einer Pressekonferenz der Berliner Wohlfahrtsverbände zur Wohnungsnotfallhilfe.
Seine Einrichtung bietet für 42 alkoholkranke wohnungslose Männer eine Unterkunft. Für manche nur kurze Zeit, für andere mehrere Jahre. Es gibt ein Team an Sozialarbeitern, Ehrenamtlichen, es gibt gesundheitliche Betreuung – und auch Weitervermittlung in andere Projekte oder sogar eine eigene Wohnung.
Was das Wohnheim Neue Chance schafft, ist berlinweit die Ausnahme: „Wenn wir Entwicklung der Wohnungsnothilfe der letzten Jahre betrachten, unterstützen wir mehr Menschen, aber dabei handelt es sich fast ausschließlich um Unterbringung“, sagt Oliver Bürgel, Geschäftsführer der Awo Berlin und aktuell Sprecher der Liga. Das sei aber „kein Ausweg aus der Wohnungslosigkeit“. Die Zahl der Menschen in den Unterbringungen steige ebenso wie die Verweildauer. Immer häufiger seien nicht nur alleinstehende Männer, sondern zunehmend auch Familien mit Kindern betroffen. Das Hilfesystem müsse sich dem anpassen, forderte er.
Seit Oktober und noch bis Ende April versorgt die Kältehilfe Wohnungslose mit einem Schlafplatz, aktuell sind es 1207. Im Schnitt lag die Auslastung bei knapp 90 Prozent. Die Liga der Wohlfahrtsverbände bekräftigt ihre Forderung nach einer Verstetigung der Plätze. „Berlin braucht eine starke Wohnungsnotfallhilfe, die mehr ist als eine reine Unterbringung“, fordert er. Ab Mai gibt es aber nur noch 458 Plätze. Das bedeute, dass ab Mai wieder viele Menschen in die Obdachlosigkeit geschickt würden. Nach einer qualifizierten Hochrechnung im Wohnungslosenbericht der Bundesregierung leben rund 6000 wohnungslose Menschen in der Hauptstadt
Im Wohnheim von Sozialarbeiter Lindner wird nicht nur untergebracht, sondern umfassend betreut. Aber die Kapazitäten sind auch hier begrenzt. Von 42 Plätzen sind 40 belegt, zwei weitere Einzüge bereits geplant. Doch der Bedarf ist noch größer: „Unsere Warteliste ist lang“, sagt Lindner.
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