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Die Kompetenzverteilung ist zu unklar in der Berliner Verwaltung.

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Wahl-Serie: Ämter - Das sagt der Experte: In der Berliner Verwaltung herrscht organisierte Unverantwortlichkeit

Wer ist für was zuständig? Das scheint in Berlin eine schwer zu beantwortende Frage zu sein. Anstatt Reformen anzustoßen lebt man einfach weiter in organisierter Unverantwortlichkeit.

In der Berliner Verwaltung hat sich in den vergangenen 20 Jahren nur wenig verändert, weil die politische Führung und die sie tragenden Parteien nicht die Kraft für grundlegende Reformen aufgebracht haben. Anscheinend lebt es sich gut in einem System der organisierten Unverantwortlichkeit, in dem mangels klarer Kompetenzzuweisung und Verantwortungsübertragung Fehler immer „den anderen“ zugewiesen werden. Es wird weiter „gewurstelt“, als ob Berlin nicht eine Weltstadt, ein rasant wachsender Organismus wäre, der klare Strukturen braucht.

Vier notwendige Veränderungen

1. Die Verwaltung ist auf allen Ebenen so zu ordnen, dass klare Verantwortlichkeiten entstehen und das Führungspersonal in die Lage versetzt wird, die ihm übertragenen Aufgaben zu erledigen. Dann kann und muss es auch persönlich für die Ergebnisse zur Verantwortung gezogen werden.

Für das Verhältnis von Senat zu den Bezirken heißt dies: Eine klare Aufgabentrennung zwischen staatlichen Aufgaben, die der Senat erledigt oder den Bezirken nach Weisung überträgt, und gemeindlichen Aufgaben, die die Bezirke selbstständig und ohne Weisungs- oder Selbsteintrittsrechte des Senats erledigen. Entsprechend müssen die Bezirke finanziert werden: Global für gemeindliche, aufgabenbezogen für andere Aufgaben.

2. Die Personal- und Sachausgaben werden durch deutliche Erhöhungen dem Bedarf der wachsenden Stadt angepasst, wobei durch qualitätsorientierte Mittelzuweisungen und Vorgaben zur einheitlichen Ablauforganisation in den Bezirken eine Steuerung erfolgt. Die Bezirke müssen als nachgeordnete Teile der Einheitsgemeinde Berlin Verantwortung für die Gesamtstadt wahrnehmen, statt nur bezirklich zu agieren.

3. Die Digitalisierung der Verwaltung ist intern und im Verhältnis zu Bürgern und Unternehmen voranzutreiben. Dabei sollte Hilfe aus der Zivilgesellschaft genutzt werden.

4. Vor wichtigen Infrastrukturentscheidungen findet eine Bürgerbeteiligung statt, die in den Verwaltungsprozess eingebunden wird. Realisierbar ist dies nur, wenn die Parteien im Abgeordnetenhaus das „kleine Karo“ aufgeben und ihr Bezirksdenken zugunsten der Gesamtentwicklung zurückstellen.

Hartmut Bäumer ist Rechtsanwalt, Verwaltungsexperte und war bis 2011 Ministerialdirektor im baden-württembergischen Verkehrsministerium

Hartmut Bäumer

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