
© dpa/Fernando Gutierrez-Juarez
Innensenatorin wehrt sich gegen Kritik aus der Union: „Bei der Einbürgerung laufen die Daten, nicht die Bürger“
Aus der Union im Bund kommt breite Kritik am schnellen Einbürgerungsverfahren in Berlin. Innensenatorin Spranger sagt, es sei sogar sicherer.
Stand:
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hat das digitalisierte Einbürgerungsverfahren in Berlin kritisiert. Konkret, dass es in diesem Jahr 40.000 Einbürgerungen geben soll – und dass es nur ein Gespräch bei der Übergabe der Einbürgerungsurkunde gibt. Was sagen Sie dazu, Frau Spranger?
Ich weise die Kritik des Bundesinnenministers entschieden zurück. Es gibt von Seiten der Senatsverwaltung für Inneres und Sport keine Vorgaben, wie viele Einbürgerungen vollzogen werden sollen. Und ich verweise auf den geltenden Koalitionsvertrag, wonach die schwarz-rote Koalition das Landeseinwanderungsamt (LEA) als Einwanderungs-, Aufenthalts- und Sicherheitsbehörde stärkt.
Wir haben die Digitalisierung vorangetrieben, um die Terminvorlaufzeiten deutlich zu verkürzen. Und wir haben analog zum Koalitionsvertrag Einbürgerungen zentral organisiert und im LEA ein Landeseinbürgerungszentrum errichtet.
Was steht im Koalitionsvertrag?
Ich zitiere: „Für Partizipation ist ein gesichertes Aufenthaltsrecht eine wichtige Voraussetzung. Die Koalition hält die Fachkräftezuwanderung für wichtig und setzt sich dafür ein, dass die Verfahren beschleunigt und vereinfacht werden.“
Was ist damit gemeint?
Seit Jahren warten in Berlin tausende von Mitbürgerinnen und Mitbürgern mit unterschiedlichen Nationalitäten und Berufen – von Selbstständigen bis hin zu Angestellten – auf ihre Einbürgerung. Das LEA hat mit dem Zuständigkeitswechsel zum 1. Januar 2024 rund 40.000 offene Einbürgerungsverfahren von den Bezirksämtern übernommen. Und seitdem wurden zehntausende digitale Einbürgerungsanträge gestellt. Alle Einbürgerungsanträge werden so effizient wie möglich abgebaut.
Herr Dobrindt kritisiert auch, dass Antragsteller lediglich am Ende und mit Überreichung der Einbürgerungsurkunde beim LEA vorsprechen müssen. Und dass das nicht ausreiche, um eine verfassungsfeindliche Bestrebung bei der Person zu erkennen oder ein fehlendes Bekenntnis zur historischen Verantwortung Deutschlands, insbesondere für den Schutz jüdischen Lebens.
Auch hier muss ich klar widersprechen. Es ist trifft nicht zu, dass die Einbürgerungswilligen nicht vorsprechen. Diejenigen, die Einbürgerungsanträge stellen, waren bereits bei der Ausländerbehörde als Teil des LEA vorstellig. Anders als in den Einbürgerungsbehörden anderer Bundesländer müssen Antragsteller in Berlin aber nicht mehr um einen Beratungstermin bitten, bevor sie einen Antrag stellen können.
Wie läuft das digitale Verfahren?
Im LEA haben wir erreicht, was wir uns für viele Berliner Behörden wünschen: Im LEA laufen die Daten, nicht die Bürger. Das ist die Digitalisierung von Behörden. Einbürgerungswillige können rund um die Uhr online einen kostenlosen Quickcheck des LEA nutzen und schnell feststellen, ob ihre Anträge mit den rechtlich erforderlichen Unterlagen Aussicht auf Erfolg haben. Sie können 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche einen digitalen Antrag stellen und ihre Unterlagen digital einreichen.
Und wie geht es dann weiter?
Die Anträge und Unterlagen laufen automatisiert in das Fachverfahren des LEA, sodass die Mitarbeiter, die Zugriff auf die gesamte Ausländerakte haben, anhand von Prüf- und Checklisten die gesetzlichen Voraussetzungen und die Identität für die Einbürgerung prüfen können, die Sicherheitsabfragen durchführen und dann die Antragsteller zum Termin zur Abgabe des erforderlichen Bekenntnisses und zur Einbürgerung einladen. Diese wird nur dann ausgesprochen, wenn nach der gründlichen Prüfung der Anspruch auf Einbürgerung besteht.
Was ist der Unterschied zum alten Verfahren?
Anders als bei analogen Verfahren, wie sie zuvor in den Bezirken und noch heute in anderen Bundesländern praktiziert werden, erfolgen die Anfragen bei den Sicherheitsbehörden und beim Bundeszentralregister digital. Es werden Eintragungen über Strafverfahren in der Ausländerakte abgeglichen und mit den Ermittlungsbehörden geklärt.
Wenn bei jemandem Straftaten vorliegen oder Identitätsbetrug festgestellt wurde, wird diese Person nicht eingebürgert.
Iris Spranger (SPD), Innensenatorin von Berlin
Wenn bei jemandem Straftaten vorliegen oder Identitätsbetrug festgestellt wurde, wird diese Person nicht eingebürgert.
Der Vorwurf von Unionspolitikern lautet, dass das nicht ausreicht, die Person im persönlichen Gespräch überprüft werden müsse.
Durch das digitale Verfahren besteht eine sehr hohe Fälschungssicherheit. Es liegen schnell belastbare Auskünfte vor. Zudem wird jederzeit und vollumfänglich Zugriff auf die Ausländerakte gewährt. Dadurch können Widersprüche in Aussagen, versuchte Manipulationen von Unterlagen zur Identität, von Voraufenthalten, Arbeitsverträgen, Integrationstests sehr viel schneller erkannt werden als bei einem bloßen Erscheinen bei einer Staatsangehörigkeitsbehörde, die nicht vernetzt mit der Ausländerbehörde arbeitet.
Mit der Digitalisierung des Antragsverfahrens sind also keine zusätzlichen Sicherheitsrisiken verbunden. Im Gegenteil: Die Digitalisierung bietet ein deutliches Mehr an Sicherheit. Dadurch werden im Übrigen auch Übertragungsfehler vermieden und schnell belastbare Auskünfte eingeholt.
Dann wird die Urkunde zur Einbürgerung überreicht – und das war’s, das reicht?
Bei diesem Einbürgerungstermin wird nochmals die Identität geprüft und ein glaubhaftes Bekenntnis feierlich der Person abgenommen. Einbürgerungswillige müssen weiterhin auch im LEA vor der Aushändigung der Einbürgerungsurkunde ein Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung abgeben und erklären, dass sie keine Bestrebungen unterstützen oder unterstützt haben, die dem Bekenntnis entgegenstehen. Das ist die sogenannte Loyalitätserklärung.
Was umfasst die Erklärung der Antragsteller?
Sie müssen sich schriftlich auch zur besonderen Verantwortung Deutschlands für die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft und ihre Folgen, insbesondere für den Schutz jüdischen Lebens, sowie zum friedlichen Zusammenleben der Völker und dem Verbot der Führung von Angriffskriegen bekennen. Beide Bekenntnisse müssen unterzeichnet werden. Wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass verfassungsfeindliche Bestrebungen bestehen oder wenn das abgegebene Bekenntnis unglaubhaft ist, wird keine Einbürgerung vorgenommen.
Aber ein Bekenntnis lässt sich schnell daher sagen. Was ist, wenn auf diese Weise ein Islamist plötzlich deutscher Staatsbürger ist.
Selbst wenn entsprechende Anhaltspunkte verschwiegen und erst nachträglich bekannt werden, nimmt das LEA die Einbürgerung zurück, zieht den Pass ein und leitet ein Strafverfahren ein.
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