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Sommerklausur im Grunewald: Christian Gaebler, Chef der Senatskanzlei, Michael Müller, Regierender Bürgermeister, und Staatssekretär Frank Nägele (v.li., alle SPD).

© Christoph Soeder/dpa

Berliner Senat in Sommerklausur: Intensive Beratungen - ohne Beschlüsse

In schöner Umgebung ging der Senat in Klausur. Beschlüsse zur Verwaltungsreform blieben aus. In der kommenden Woche sollen Ergebnisse nachgereicht werden.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Ohne konkrete Beschlüsse quälte sich der Berliner Senat am Sonnabend durch seine Klausurtagung im Grunewald. Man tagte im Wissenschaftskolleg in der idyllisch gelegenen Wallotstraße. Am frühen Abend sprach der Regierende Bürgermeister von „intensiven Beratungen“ zur Modernisierung der öffentlichen Verwaltung. Grundlage der Diskussion, die großenteils zäh und kontrovers verlief, war der Bericht einer Expertenkommission zur Verwaltungsreform unter Leitung des ehemaligen Chefs der Bundesarbeitsagentur, Heinrich Alt.
Schwerpunkte der Klausurberatung seien die Personalgewinnung für den öffentlichen Dienst und die Digitalisierung der Verwaltung gewesen, gab Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) nach den ersten viereinhalb Stunden der Klausur zu Protokoll. Es gehe aber auch um eine „bessere gesamtstädtische Steuerung“. Kultursenator Klaus Lederer (Linke) ergänzte: Es sei auch um Berlin als „guter Arbeitgeber“ gegangen, und mit den Bezirken werde man in den kommenden Wochen darüber reden, was gemeinsam umzusetzen sei.

Hoffnung auf das Projekt "i-Kfz"

Die Stimmung während der Senatstagung nannte Lederer „konstruktiv“. Auf die Frage, was denn nun konkret beschlossen worden sei, verwiesen Müller, Pop und Lederer auf die Senatssitzung am Dienstag. Bis dahin sollen die am Wochenende noch wenig fassbaren Vereinbarungen in formelle Beschlüsse gegossen werden. Als ein konkretes Beispiel nannte der Regierende Bürgermeister die komplette Digitalisierung der Kfz-Zulassungsämter bis zum Sommer 2019. Dies ist allerdings ein bundesweites Projekt namens „i-Kfz“ unter der Federführung des Bundesverkehrsministeriums. Das müsse man aber auch erst mal hinkriegen, wies Innensenator Andreas Geisel (SPD) auf die notwendige Eigenleistung des Landes Berlin hin.
Angekündigt wurde von Müller noch ein Gesamtkonzept des Finanzsenators Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) für die Personalentwicklung und Besoldung im Berliner Landesdienst. Es soll 2019 kommen. Erwogen wird auch die Öffnung des mittleren Verwaltungsdienstes, möglicherweise verbunden mit mehr Verbeamtungen, um den nichttechnischen Verwaltungsdienst attraktiver zu machen. Lederer sprach noch von „familienfreundlicheren Arbeitsplätzen“ und einem besseren Gesundheitsmanagement in der Berliner Verwaltung. Weitere Bemühenszusagen gab es am Sonnabend nicht.

Wohnquartier oder Gewerbe - das ist die Frage

Ein weiteres großes Thema, der Neubau von Wohnquartieren, wurde erst abends besprochen. Ein zentraler Diskussionspunkt sollte auf Wunsch Müllers der Ankauf privater Grundstücke für den Wohnungsbau werden. Dafür stehen im landeseigenen Investitionsfonds Siwana 150 Millionen Euro zur Verfügung. Interessenskonflikte wurden schon im Vorfeld sichtbar, etwa zwischen Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) und Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke). Beide streiten sich um ein 9,1 Hektar großes Areal in Marzahn, das der Investor Laborgh vor einem Jahr dem Konzern Knorr-Bremse abkaufte. Gemeinsam mit der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Howoge könnte der Investor 1500 Wohnungen bauen. Dagegen wehrt sich Senatorin Pop, die dort Gewerbe ansiedeln will. In diesem Konflikt steht der Regierende Bürgermeister mal ausnahmsweise an der Seite von Bausenatorin Lompscher. Ob der Streit auf der Klausurtagung aufgelöst werden konnte und ob weitere Liegenschaften für den Wohnungsbau identifizierbar sind, war vorerst nicht absehbar.
Unter Tagesordnungspunkt 2 sollte es aber nicht ausschließlich um neue Stadtquartiere gehen, sondern auch um Verkehrsinvestitionen und den Neubau sowie die Sanierung von Schulen. Das langfristige Bauprogramm für 720 neue oder ausgebaute Schulen steht. Die Bauverwaltung des Senats will am Jahresende mit dem Bau von drei Grundschulen in Holzmodulbauweise beginnen und ab Sommer 2019 sieben neue Grundschulen errichten. Ab 2020 greift die Howoge ein, das kommunale Wohnungsunternehmen übernimmt den Neu- oder Ersatzbau von 30 Schulen. Allerdings gibt es jetzt schon alarmierende Anzeichen dafür, dass die Kostenschätzungen für das gigantische Schulbauprogramm zu optimistisch sind.
Schon im Januar hatte sich der Senat auf einer Klausurtagung mit den stets aktuellen Themen Verwaltungsmodernisierung und Wohnungsbau befasst. Die Landesregierung steht weiterhin unter großem Erfolgsdruck. Zwar wird regelmäßig versucht, die schlimmsten Probleme und Streitpunkte im Koalitionsausschuss von SPD, Linken und Grünen oder bei den wöchentlichen Treffen der Fraktionschefs zu klären. Aber das Landesparlament und viele Parteipolitiker gehen jetzt erst einmal in die Sommerferien. In den Ausschüssen des Abgeordnetenhauses häufen sich schon jetzt die Entschuldigungen aus den Senatsverwaltungen, weil viele Arbeitsaufträge eine „Fristverlängerung“ brauchen. Die Landesregierung hat offenbar weiterhin ein Umsetzungsproblem.

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