Berlin: JFK auf Zack
Vor 40 Jahren – am 26. Juni 1963 – besuchte US-Präsident John F. Kennedy Berlin. Zur Erinnerung an ihn hat Josef Joraschek 460 Briefmarken gesammelt
Jackie Kennedy hatte er schon manches Mal gesehen. In New York auf der 5th Avenue, nicht weit vom Goethe-Institut entfernt, wo Josef Joraschek im Auftrag der deutschen Botschaft als Regional-Oberbauleiter der Bundesbaudirektion arbeitete. Und die ehemalige First Lady, die nach der Ermordung ihres Mannes nach New York gezogen war, wohnte nur zwei Häuser weiter. Eine philatelistische Chance, die er nicht verpassen durfte. Sein Brief an Jackies Sekretärin mit der Bitte um ein Autogramm auf den Ersttagsbrief der deutschen Kennedy-Marke 1964 hatte keine Antwort gefunden. Als er nun auf der 5th Avenue wieder einmal Jackie mit der Sekretärin begegnete, versuchte er es direkt, stellte sich als Briefmarken sammelnder Kennedy-Enthusiast im Dienste der deutschen Botschaft vor – und fand Gehör. Sogar Jackie mischte sich ein, interessiert wohl, weil der höfliche Herr aus Berlin kam. Sie sagte ihm zu, seinen Wunsch zu erfüllen, und wenig später traf wirklich in der Botschaft in Washington der erbetene Brief ein. Das löste dort ein ziemliches Hallo aus, sogar der Botschafter wurde neugierig, erbat Aufklärung von seinem Bauleiter. Der ließ in aller Bescheidenheit wissen, Jackie sei eine Bekannte.
Dieser Ersttagsbrief vom 21. November 1964, den die Deutsche Bundespost Berlin zum ersten Todestag John F. Kennedys herausgegeben hatte, gehört mit der Unterschrift „Jacqueline Kennedy“ zu den philatelistischen Kostbarkeiten, auf die Josef Joraschek besonders stolz ist. Zur Zeit bereitet er mit dem Museum für Kommunikation und einem Sammler aus Sachsen eine Ausstellung mit Kennedy-Briefmarken vor, die am 3. Juli in dem Haus an der Leipziger Straße eröffnet wird – aus Anlass des 40. Jahrestags des Berlin-Besuchs von Kennedy am 26. Juni 1963 – und doch zeitlich weit genug davon abgesetzt, um nicht als Konkurrenz zu den anderen Feiern und einer Ausstellung im Deutschen Historischen Museum missdeutet zu werden.
Nein, Joraschek selbst war damals nicht in Berlin. Aber bei Kennedys feierlicher Amtseinführung 1961 war er dabei; die Plakette, die er bei der Parade vom Capitol zum Weißen Haus getragen hatte, besitzt er noch immer. Auch bei den Trauerfeierlichkeiten zwei Jahre später trug er sie, steckt sie sich noch jetzt gern an, wenn er mit seinen Kennedy-Marken aufs Foto soll. Kennedy, den er einige Male selbst gesehen hat, hat ihn eben wie kein anderer beeindruckt, mit seinem Charisma, der dynamischen, jugendlichen Ausstrahlung, seinem Engagement für die Probleme der Gesellschaft – und seinem Witz. Joraschek gerät noch immer ins Schwärmen, erzählt, wie Kennedy in einer Pressekonferenz gefragt wurde, wann er den ersten Menschen zum Mond schicke: „Nun, sobald Senator Goldwater bereit ist zu fliegen.“ Das war sein schärfster Gegenspieler.
Der Tod des Präsidenten erschütterte Joraschek: „Zwei, drei Tage war ich total fertig.“ Dann wusste er: Er hatte für seine Sammelleidenschaft ein neues Thema. Zuvor konzentrierte er sich auf Marken mit Kunst- und Architekturmotiven, nun kam Kennedy dazu. Man möge ihm alles schicken, was nach dessen Tod veröffentlicht werde, schrieb er seinem New Yorker Markenhändler – nicht ahnend, welche philatelistische Lawine er auslösen würde: über 460 Marken aus 63 Ländern, mehr als 80 Briefmarken-Blöcke, dazu Ersttagsbriefe und anderes mehr. Rund 3000 Dollar hat ihn das gekostet, damals noch ein beeindruckender Betrag.
Verehrung des Toten, aber auch Geschäftssinn sprechen für ihn aus dieser Markenfülle, die besonders aus afrikanischen, arabischen, asiatischen und südamerikanischen Staaten in Jorascheks Briefkasten schwappte. 1967, als sich bei der Herausgabe von neuen Marken das merkantile Interesse in den Vordergrund schob, gab er das Thema wieder auf, konzentrierte sich auf Architektur.
In den Kennedy-Marken, die für die Ausstellung thematisch geordnet und durch andere Schaustücke ergänzt werden, sieht Joraschek nicht nur philatelistische Kostbarkeiten, sondern auch Zeitdokumente. Am nächsten rücken sie dem 40. Jahrestag von Kennedys Berlin-Besuch auf einer Marke, die das Scheichtum Ajman, mittlerweile in den Vereinigten Arabischen Emiraten aufgegangen, 1964 herausgebracht hat: Kennedy und Adenauer Seite an Seite vor einer Menschenmenge. Fehlt eigentlich nur noch der berühmte Satz: „Ich bin ein Berliner.“