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Auf der neuen Brücke sollen zunächst noch zwei Kfz-Spuren Platz finden, später nur noch eine einzige.

© Arup/COBE, SenUVK

Update

Jury fällt Entscheidung für Großprojekt in Berlin: So soll die neue Mühlendammbrücke aussehen

Der Siegerentwurf für die neue Mühlendammbrücke in Mitte ist gekürt. Bis 2028 soll sie fertiggestellt werden. Doch an den Plänen gibt es auch Kritik.

Der Siegerentwurf für die künftige Mühlendammbrücke in Berlin-Mitte steht fest. Das Preisgericht entschied sich mehrheitlich für den Vorschlag des Berliner Ingenieurbüros Arup Deutschland GmbH und der Architekten von COBE A/S aus Kopenhagen, wie die Senatsverkehrsverwaltung am späten Mittwochabend mitteilte. Der Entwurf biete laut Jury eine „außerordentlich hohe gestalterische und konstruktive Qualität“.

Der siegreiche Plan besteche demnach durch eine leicht konkave Form der gesamten Brücke, die sich dadurch zur Mitte hin verjüngt. Die Uferseiten wiederum würden attraktiv angebunden. So sieht das Modell an der südwestlichen Brückenseite einen Treppenabgang zum Uferpark auf der Fischerinsel vor. Diagonal gegenüber gelegen wird über einen flachen Schwung die Uferpromenade des Nikolaiviertels angebunden.

Zum Rolandufer vor der Alten Münze hingegen fehlt ein direkter Zuweg. Daneben zeichnet sich der Entwurf durch langgezogene Sitzflächen entlang der Gehwege auf beiden Seiten der Brücke aus. Sie sind im Vergleich zu den Fahrbahnen leicht nach unten versetzt und sollen Fußgänger:innen zum Verweilen über der Spree einladen.

„Die künftige Mühlendammbrücke wird eine Brücke für die Berliner Mobilitätswende, mit viel Platz für die stadtverträglichen Verkehrsarten Straßenbahn, Rad- und Fußverkehr“, sagte Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne). Zugleich füge sich die Brücke durch ihre ansprechende Gestaltung in die historische Mitte Berlins ein und biete an dieser Stelle über der Spree eine ganz neue Aufenthaltsqualität.

Grund für den Neubau ist der schlechte Zustand der bisherigen Brücke aus den 1960er Jahren, der einen Abriss zwingend erfordert. Schon heute darf die Brücke zum Schutz vor zu starker Belastung nur noch auf einer reduzierten Spurenzahl befahren werden. Die neue Spreequerung soll nach aktuellen Plänen bis 2028 fertiggestellt werden.

[Lesen Sie mehr zum Thema: Die neue Mühlendammbrücke ist eine vergebene Chance für Berlin – ein Kommentar.]

Die Gesamtkosten liegen bei bis zu 46,5 Millionen Euro. Künftig sollen über die Verbindung auch die Tramlinien vom Alexanderplatz zum Kulturforum und zum Halleschen Tor verkehren. Auch deshalb entschieden sich Senat und Bezirk Mitte für einen Ersatzneubau der bestehenden Brücke. Damit konnte ein zeitaufwendiges Planfeststellungsverfahren umgangen werden. Allerdings besteht dadurch für die Brücke die Anforderung, auch künftig eine ähnliche Zahl von Autos bewältigen zu können wie bislang.

Neue Mühlendammbrücke soll 63.000 Autos täglich fassen

Nach langen Debatten über die künftige Größe der Brücke hatten sich im Januar Senat und Bezirk Mitte auf die konkreten Anforderungen für die Ausschreibung verständigt. So wird die neue Brücke statt aktuell drei Autospuren zunächst mit zwei Kfz-Fahrstreifen je Richtung sowie einer Busspur ausgestattet. Damit soll der Verkehr der bis zu 63.000 Fahrzeuge bewältigt werden, die den Prognosen zufolge in den kommenden Jahren täglich die Spree entlang der wichtigsten Ost-West-Magistrale queren werden.

Mit einem Schwung soll die Brücke über die Spree und hinunter zum Ufer an der Fischerinsel führen.
Mit einem Schwung soll die Brücke über die Spree und hinunter zum Ufer an der Fischerinsel führen.

© Arup/COBE, SenUVK

Sobald die über die Brücke verlaufenden Tramstrecken vom Alexanderplatz zum Kulturforum sowie zum Halleschen Tor fertiggestellt werden, entfällt die Busspur zugunsten eines Radwegs. In einer zweiten Projektphase soll zudem die Fahrbahn auf einen Fahrstreifen für den Kfz-Verkehr reduziert werden.

Mittes Baustadtrat Gothe, der auch Teil der Jury war, lobte die konkave Form, die der Brücke etwas Individuelles gebe. Gothe betonte, dass der zweite Teil der Brücke schnell umgesetzt werden müsse. Sein Wunsch sei, „dass wir nach Errichtung der neuen Brücke schnell die Tram in Richtung Potsdamer Platz und Hallesches Tor in Betrieb bekommen und wir dann auf eine Autospur je Richtung umrüsten können“, sagte er.

Wann der Umbau auf eine Spur kommt, ist offen

Doch wann das überhaupt der Fall sein wird, ist ungewiss. An die Einsetzung der Tram soll der Umbau anders als von manchen Beobachtern angenommen nicht gekoppelt sein, stellte der Sprecher der Verkehrsverwaltung, Jan Thomsen, klar: Wann der Umbau komme „hängt von der Verkehrsentwicklung ab, die wiederum davon abhängt, wie schnell und erfolgreich sich die Mobilitätswende in Berlin entfaltet. Ein exaktes Jahr lässt sich daher nicht angeben.“

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Baustadtrat Gothe reicht das nicht. „Man muss stärker auf einen konkreten Zeitpunkt hingerichtet planen.“ Die Zahl der Autos in der Mitte ließe sich zudem reduzieren, wenn höhere Parkgebühren eingeführt würden und auf den zulaufenden Straßen nach Mitte wie der Prenzlauer Allee oder der Greifswalder Straße Fahrstreifen entfielen.

Stefan Lehmkühler, Sprecher der Initiative Changing Cities, der in Mitte als Direktkandidat der Grünen für die Abgeordnetenhauswahl antritt, forderte vor diesem Hintergrund, sofort die Variante mit nur einem Kfz-Streifen zu planen. „Alle sagen, das Tempo bei der Verkehrswende muss erhöht werden. Deshalb müssen wir gleich das Plangenehmigungsverfahren für Phase zwei starten“, sagte er.

Gebäude wie vor hundert Jahren bekommt die Mühlendammbrücke nicht

Kritik gibt es auch an der Gestaltung des geplanten Baus. „Der Entwurf lässt nicht erwarten, dass es eine riesige Veränderung für den Stadtraum geben wird“, sagte Hendrik Blaukat, Vorstand der IG Leipziger Straße. Er bezeichnete das gesamte Verfahren als unbefriedigend. „Keiner der Entwürfe ist an das herangekommen, was man sich von einer verkehrswendetauglichen Brücke erwarten würde. Mit mehr Zeit hätte man da etwas besseres rausholen können.“

So soll es hier bald nicht mehr aussehen: Blick auf die Mühlendammbrücke im April 2021.
So soll es hier bald nicht mehr aussehen: Blick auf die Mühlendammbrücke im April 2021.

© IMAGO / Dirk Sattler

Roland Stimpel, Vorsitzender des Fußgängerverbands FUSS e.V. sieht die Aufenthaltsqualität durch die neue Brücke nicht verbessert. Zwar seien die neuen Aufgänge für Fußgänger:innen im Uferbereich gut, ansonsten bringe der neue Entwurf wenig.

"Auch mit zwei Spuren weniger wird das kein attraktiver Stadtraum werden"

"Die Brücke wird keine werden, die man zum Flanieren und Genießen aufsuchen wird. Auch mit zwei Spuren weniger wird das kein attraktiver Stadtraum werden." Die tiefere Lage des Fußgänger:innen-Bereichs verhindere von der südöstlichen Seite den Blick auf das Schloss. Zudem lasse die Brücke nicht erkennen, dass es sich um den historischen Gründungsraum Berlins handele. "Eine Andeutung daran hätte Pflichtaufgabe für die Wettbewerbsteilnehmer sein müssen", so Stimpel.

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Ganz glücklich ist auch Sozialdemokrat Gothe nicht mit den zur Auswahl stehenden Entwürfen gewesen. „Ich hatte gehofft, dass es Vorschläge gibt, die Brückenköpfe mit Pavillons zu versehen.“ Interessant hätte er auch eine teilweise Bebauung in der zweiten Phase ähnlich der Ponte Vecchio in Florenz gefunden. Bis zur Zerstörung im zweiten Weltkrieg war Berlins älteste Spreequerung mit Wohnhäusern und Geschäften bebaut. Doch derlei legten die Architektenbüros nicht vor.

Zwar gab es immerhin auch zwei Entwürfe, die Kolonnadengänge für den Bereich der Fußgänger:innen vorsahen. Doch auch diese interessanten Ideen hätten in ihrer Umsetzung nicht überzeugt, so Gothe. Verworfen wurde zudem der Vorschlag, die Brückenunterführung am nordöstlichen Ufer durch ein Ladenlokal und eine besondere Gestaltung aufzuwerten. Mehrere Entwürfe hatten dies geplant. Doch keiner davon konnte sich durchsetzen.

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