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Der Präsident des Oberverwaltungsgerichtes Berlin-Brandenburg, Joachim Buchheister, am Dienstag in seinem Gericht

© Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Flüchtlingskrise in Berlin und Brandenburg: Justiz erwartet die Asyl-Klagewelle

Mehr Flüchtlinge werden in diesem Jahr auf Asylrechtschutz klagen, vermutet der Präsident des Berlin-Brandenburger Oberverwaltungsgerichts. Die Gerichte seien auf die steigende Zahl der Verfahren gut vorbereitet.

Noch ist es relativ ruhig an den Verwaltungsgerichten in Berlin und Brandenburg, aber der Präsident des gemeinsamen Oberverwaltungsgerichts (OVG) Joachim Buchheister ist überzeugt, dass die Zahl der Verfahren abgelehnter Asylbewerber in diesem Jahr deutlich steigen wird und sich insgesamt „die Entwicklung beschleunigt“. „Wir sind aber sehr gut vorbereitet“, sagte Buchheister bei der Jahres-Pressekonferenz des Gerichts am Dienstag. Das Land Brandenburg plane mit 15 zusätzlichen Richtern, die überwiegend den Verwaltungsgerichten im Land zugeordnet werden sollen. Auch am Berliner Verwaltungsgericht seien ausreichend Ressourcen vorhanden, mittlerweile seien alle Vorsitzenden-Stellen besetzt. Dass Stellen wegfallen könnten, wie ursprünglich geplant, sei nicht mehr vorgesehen.

Dass Flüchtlinge auf Asylrechtsschutz klagen, kommt in Brandenburg derzeit noch weit häufiger vor als in Berlin. 5700 Eingänge verzeichneten die drei Brandenburger Gerichte im vergangenen Jahr, fast eine Verdoppelung, sagte Buchheister, während in Berlin rund 2300 Eingänge gezählt wurden - sogar ein leichter Rückgang um fünf Prozent. Grund für die Divergenz ist die Anerkennungspraxis im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. So habe das Amt für syrische Bürgerkriegsflüchtlinge in Berlin kaum Ablehnungen ausgesprochen. In die nächsthöhere Instanz zum OVG gelangen die Asyl-Kläger bisher nur selten. 54 waren es 2014, 93 im Jahr darauf.

In zahlreichen Asylverfahren urteile ein Richter in der ersten Instanz alleine, seine Entscheidung würde dann rechtskräftig, erläuterte der OVG-Präsident. Eine Berufung sei nur zulässig, wenn grundsätzliche Rechtsfragen zu klären seien. Es könne daher „in bestimmten Fällen sinnvoll“ sein, die Möglichkeiten zu erweitern, ein Urteil in der höheren Instanz prüfen zu lassen, wie es derzeit in der Bundespolitik erörtert werde. „Etwas Kopfschmerzen“ habe er aber mit der Option, die Berufung auf alle Fälle auszudehnen, in denen „ernstliche Zweifel“ an der Richtigkeit der Entscheidung aus der ersten Instanz bestehen, sagte Buchheister. Dann könnten Kläger Asylprozesse „in einer ganz anderen Dimension“ anstrengen.

Demnächst geht es um den BER

Insgesamt sei die Entwicklung am mit elf Jahren recht jungen gemeinsamen Oberverwaltungsgericht erfreulich. Derzeit gebe es 1700 unerledigte Verfahren, der niedrigste Bestand seit Jahren, sagte Buchheister. Die Zahl der Erledigungen lag 2015 mit 3119 deutlich über der Zahl der neu eingegangenen Verfahren von 2765.

Demnächst verhandeln will das Gericht Klagen rund um den Flughafen BER. Zum einen geht es dabei um die so genannte Wannseeroute. Das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung hatte die Routen genehmigt, ohne Risiken eines möglichen Absturzes auf den Forschungsreaktor des Helmholtz Zentrums im Südwesten ermittelt zu haben. Das OVG hat dazu nun ein Sachverständigengutachten eingeholt, auf dessen Grundlage es entscheiden will. Weitere BER-Klagen betreffen Schallschutzmaßnahmen an Wohngebäuden.

Weitere Fälle: Ferienwohnung, Nacktkatzen und Brustimplantate

Auf erhöhtes Interesse dürfte auch der Eilantrag einer Frau stoßen, die sich vor dem OVG gegen eine bezirksamtliche Verfügung wendet, die ihr die Nutzung einer Wohnung als Ferienwohnung untersagt. Das Verwaltungsgericht hatte dem Bezirk Pankow in erster Instanz Recht gegeben, weil die Frau sich den Betrieb als Ferienwohnung hätte genehmigen lassen müssen – nun sei er „formell illegal“.

Weitere Klagen betreffen etwa die Zuchterlaubnis für so genannte Nacktkatzen („Sphinx-Katzen“) und die Frage, ob sich Frauen mit Brustimplantaten für den Polizeidienst bewerben dürfen. Die Klägerin war hier mit Hinweis auf angeblich bestehende gesundheitliche Risiken abgewiesen worden. Auch hierzu holt das OVG Gutachten ein, von einem  plastischen Chirurgen sowie von einem Werkstoffwissenschaftler.    

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