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Das Alois S. ist ein beliebter Ausflugsort für Eltern, weil es neben einem Spielplatz liegt.

© Doris Spiekermann-KLaas TSP

Kiezbar Alois S. in Prenzlauer Berg: Kein Alster für die Eltern

20 Jahre lang durfte Lothar Heer den Spielplatz neben seinem Lokal bewirten. Doch damit ist es nun vorbei – und alle fragen sich warum.

Von Christian Hönicke

Das Alois S. in Prenzlauer Berg wird in Reiseführern als besonders familienfreundlich bejubelt. Die Tapas-Bar und Fußball-Fankneipe liegt direkt an einem öffentlichen Spielplatz in der Senefelderstraße. Auf einem schmalen Spielplatzstreifen stellt das Lokal Tische und Stühle auf. Dort können die Eltern essen und trinken, während der Nachwuchs schaukelt und klettert – das passt ins Bild eines Bezirks, der sich besonders familienfreundlich gibt. Doch damit ist nun Schluss.

Ein paar Tische stehen noch da, „aber ich bewirte auf dem Spielplatz nicht mehr“, sagt der Betreiber Lothar Heer. „Ich kriege derzeit zigmal am Tag dieselbe Frage gestellt: Warum dürft ihr das nicht mehr?“ Die Antwort: Bei Kontrollen durch Ordnungsamt und Gewerbeaufsicht wurden „Verstöße gegen Genehmigungsauflagen festgestellt und ein Bußgeldverfahren eingeleitet“, erklärt der zuständige Bezirksstadtrat Vollrad Kuhn (B'90/Grüne). Heer habe unerlaubterweise Alkohol ausgeschenkt.

Das Alois S. existiert seit 2000. Bisher hatte es jährlich Ausnahmegenehmigungen zum Spielplatzausschank erhalten. Das hat eine Vorgeschichte. Heer hat den „Elefantenspielplatz“ nämlich selbst mitgebaut: „Wir haben eigentlich die ganze Ecke zur Stargarder Straße selbst gestaltet.“

Heer wohnt zwar in Kreuzberg, ist aber auch Miteigentümer des Hauses, in dem er das Alois S. im Erdgeschoss betreibt. 1996 übernahm es die Gemeinschaft durch einen Vertrag mit dem Senat und sanierte es in Eigenregie. Dem Bezirk schlug Heer später vor, auch den trostlosen Spielplatz nebenan mithilfe einer Elterninitiative neu zu bauen. Der damalige Stadtrat Matthias Köhne (SPD) stimmte zu.

„Der Spielplatz hat uns sogar mal ein Jahr richtig gehört“, so Heer. „Der Bezirk hatte ihn uns temporär überschrieben, damit wir die Fördergelder beantragen können.“ Zudem bekam Heer die Erlaubnis zur Bewirtschaftung des Spielplatzrands durch seine Bar, auch Durchbrüche der Hauswand zum Spielplatz hin für Türen und Fenster wurden genehmigt. „Das hat 20 Jahre wunderbar funktioniert“, sagt Heer. Doch die wilden Jahre in Prenzlauer Berg sind nun vorbei, „und die lange Vorgeschichte wird nun komplett ignoriert“.

2015 gab es die ersten Einschränkungen

Schon 2015 seien die Vorgaben rigider geworden, sagt Heer: kein Alkohol, keine Zigaretten und kein zerbrechliches Geschirr mehr auf der Spielplatzfläche. Gegen das Alkoholverbot verstieß Heer dennoch – mit Billigung des Straßen- und Grünflächenamts. Es habe ein informelles Abkommen mit dem Amt gegeben, das zu dulden, berichtet der 60-Jährige.

Bis zum September 2018. Dann habe es plötzlich Kontrollen und Bußgelder gegeben. Man habe ihm erklärt, dass die Absprache nicht mehr existiere und auf die Spielplatzverordnung verwiesen. „Das Amt verweist auf ein Alkoholverbot auf Spielplätzen“, sagt Heer, „dabei gibt es das in Pankow gar nicht.“ Ironischerweise ist Pankow neben Neukölln tatsächlich der einzige Berliner Bezirk, in dem Alkohol und Rauchen auf Spielplätzen weiterhin explizit nicht verboten ist. Über ein Gesetz, dass das Rauchen berlinweit auf Spielplätzen verbietet, wird im Abgeordnetenhaus allerdings noch beraten.

Die Bar als soziale Kontrollfunktion für den Spielplatz

Heer kann sich nicht erklären, woher der Sinneswandel im Amt kommt. Die Bar übernehme doch eine soziale Kontrollfunktion und kümmere sich besonders um den Spielplatz: „Wie die anderen Spielplätze in der Umgebung aussehen, weiß ja jeder.“ Die öffentlichen Spielplätze in Pankow sind wegen der jahrelang ausgebliebenen Pflege flächendeckend marode, die meisten sogar teilweise gesperrt. Müll und Trinkgelagen steht das unterbesetzte Bezirksamt zunehmend hilflos gegenüber.

Zwar gebe es zwei Anwohner, die sich vom Lärm gestört fühlten, gibt Heer zu. Ansonsten herrsche in der Nachbarschaft aber eine „friedliche Koexistenz“. Ob sich Anwohner beschwert haben, kann auch Kuhn nicht sagen. Er erklärt, grundsätzlich dürfe die Fläche ja weiter gastronomisch genutzt werden, „aber nur bei Einhaltung der Auflagen“. Dies habe Heer aber abgelehnt.

Auf den Alkoholausschank zu verzichten, „das würde mir den Hals brechen“, sagt Heer. „Nur mit dem Essen verdient man nichts. So eine Genehmigung will ich gar nicht.“ Um die Freiluft-Familienbar zu retten, will Heer nun Eltern zu Protestbriefen an Bezirksbürgermeister Sören Benn (Linke) aufrufen.

Er könne zwar verstehen, dass man Alkohol auf Spielplätzen problematisch sehe, sagt Heer: „Aber wenn man Familienväter und Mütter, die mal ein Alster trinken, mit Säufern über einen Kamm schert, kann ich das nicht nachvollziehen.“

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