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Kriminalitätsbekämpfung: BKA erhält wenig Gendaten aus Berlin

Aus der Hauptstadt wurden im vergangenen Jahr 3647 DNA-Datensätze an das BKA übermittelt. Deshalb profitiert die Polizei kaum von dem BKA-Zentralcomputer.

Die Polizei weiß sie zu schätzen, die zentrale DNA-Analyse-Datei des Bundeskriminalamtes (BKA). Die Sammlung von genetischen Fingerabdrücken hat bei der Fahndung nach Mördern und anderen gefährlichen Straftätern bereits in vielen Fällen zur Aufklärung von Verbrechen geführt. Doch die Berliner Polizei profitiert bisher weit weniger davon als Kollegen in anderen Bundesländern, die deutlich mehr DNA-Daten nach Wiesbaden melden als die Berliner.

Aus der Hauptstadt wurden im vergangenen Jahr nur 3647 DNA-Datensätze an das BKA übermittelt. Davon waren 2321 Datensätze von Personen und 1326 von Spuren. Mit diesen niedrigen Zahlen rangiert das Land im Vergleich mit anderen Bundesländern weit hinten. Bayern zum Beispiel hat gerade die DNA des 100 000. Straftäters an das BKA geschickt. Seit 1998 betreut das BKA die zentrale deutsche DNA-Analyse-Datei. Bundesländer, die viele Daten liefern, wie Bayern auch Nordrhein-Westfalen, Hessen, Niedersachsen und Baden-Württemberg, sind immer erfolgreicher bei der Aufklärung von Straftaten. Regelmäßig meldet die Polizei Möder oder Vergewaltiger, die dank eines Abgleichs von Daten per Computer noch nach Jahren überführt werden. In Berlin gibt es solche Fahndungserfolge kaum. In diesem Jahr sei bei den Mordkommissionen noch kein einziger alter Kriminalfall per DNA-Abgleich geklärt worden, sagte ein leitender Beamter. „Wo wenig gespeichert wird, gibt es wenig Treffer“, bedauert der Ermittler. Nach BKA-Angaben führt durchschnittlich jede vierte Spur, die ans BKA gemeldet wird, zu einem Täter. Von den 589 139 Datensätzen waren 476 720 von Tätern und 112 419 Tatortspuren.

„Andere Bundesländer haben die Wichtigkeit der DNA-Datei erkannt, Berlin nicht“, kritisierte der CDU-Abgeordnete Peter Trapp. „Wie soll das BKA eine überregionale Fahndung organisieren, wenn einige Bundesländer ausscheren?“ In Berlin ordneten Richter viel zu selten eine Speichelprobe an. Das BKA selbst äußert sich nicht – auf Druck einiger Länder, wie es hieß. Selbst die Zahl der von den Ländern übermittelten Datensätze hält das BKA geheim – weil die Unterschiede zu offensichtlich sind (siehe Grafik).

Neben dem politischen Desinteresse mache sich die völlige Überlastung des Berliner DNA-Labors der Polizei negativ bemerkbar, hieß es. Wie berichtet, hatte Polizeipräsident Dieter Glietsch im April mitgeteilt, dass von 5850 DNA-Untersuchungsanträgen im Jahr 2006 zum Jahreswechsel über 4100 unbearbeitet blieben. Auf Anfrage teilte das Berliner Landeskriminalamt dem Tagesspiegel mit, dass es „hilfreich wäre, für bestimmte Bereiche zusätzliches Personal einzusetzen“. Zudem prüfe man, ob die Analyse an externe Labors vergeben werden könne.

Brandenburg dagegen hat das Personal massiv aufgestockt. „Man muss Prioritäten setzen“, hieß es im dortigen Innenministerium. Brandenburg hat deshalb im Jahr 2006 etwa 30 Prozent mehr Datensätze an das BKA geschickt als 2005. Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) hatte die DNA-Analyse als „Voraussetzung“ für eine erfolgreiche Verbrechensbekämpfung bezeichnet. Die Zahlen geben ihm recht: Von Januar 2006 bis Mai 2007 konnten mithilfe des BKA-Computers zwei Tötungsdelikte und sieben Sexualstraftaten aufgeklärt werden.

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