zum Hauptinhalt
Eine goldfarbene Justitia-Figur steht am 29.12.2011 im Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg.

© dpa/Britta Pedersen

Update

Kündigung wegen Nazi-Vergleich: Berliner Lehrer erhält rund 72.000 Euro Abfindung

Während der Pandemie hatte der Lehrer in Videos die Impfpolitik mit dem Nationalsozialismus verglichen. Jetzt hat das Landesarbeitsgericht über seine Abfindung entschieden.

| Update:

Nach der Kündigung eines Lehrers wegen seiner Kritik an der Impfpolitik mit einem Nazi-Vergleich muss das Land Berlin diesem eine Abfindung von rund 72.000 Euro zahlen. Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg entschieden. Zugleich wurde jedoch das Arbeitsverhältnis auf Antrag des Landes aufgehoben, wie das Gericht am Donnerstag mitteilte. Eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem Lehrer sei dem Land nicht mehr zumutbar, so die zuständige Kammer. Die Richter begründeten dies mit den Äußerungen des Lehrers und dem Rechtsstreit. (Az.: 10 Sa 1143/22)

Der 62-Jährige hatte während der Corona-Pandemie ein Video veröffentlicht, in dem das Tor eines Konzentrationslagers mit der Inschrift „Impfung macht frei“ abgebildet war. Es folgte eine Ankündigung von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU): „Impfen ist der Weg zur Freiheit“. In einem anderen Video behauptete der Lehrer, die Corona-Impfpflicht habe schlimmere Folgen als die Regime von Hitler, Stalin und Mao.

Das Gericht habe die „Deutung des Lehrers, eine scharfe Kritik an der Coronapolitik zu äußern“, nicht ausschließen können, hieß es nun. Deshalb sei nicht eindeutig festzustellen, dass das Grundrecht auf Meinungsäußerung überschritten worden sei. Der Anwalt des Lehrers, Tobias Gall, bezeichnete dies als „ein Triumph der Meinungs- und Kunstfreiheit“. Zugleich äußerte er sein Unverständnis darüber, dass das Land dem Vergleich nicht zustimmte und nun höhere Kosten zulasten des Steuerzahlers gingen.

Mit dem Urteil ist ein Vergleich gescheitert, auf den sich die Beteiligten bei einer mündlichen Verhandlung Mitte Mai verständigt hatten. Das Land Berlin habe diesen innerhalb der vierwöchigen Frist widerrufen, hieß es vom Gericht. Die Senatsverwaltung für Bildung machte zunächst keine Angaben zu den Gründen. Der Vergleichsvorschlag sah vor, dass der Berufschullehrer seine Kündigung „aus betrieblichen Gründen“ bereits zum März 2022 akzeptiert und 50.000 Euro Abfindung erhält.

Das Land hatte dem Mann im August 2021 gekündigt, weil er die Impfpolitik mit dem Nazi-Regime gleichsetze, den Nationalsozialismus verharmlose und die Opfer missachte. Seitdem erhielt er Arbeitslosengeld. Das Arbeitsgericht Berlin hatte im September 2022 in erster Instanz die Kündigung bestätigt. Dagegen wehrte sich der 62-Jährige erfolgreich in zweiter Instanz vor dem LAG.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Eine Revision dagegen zum Bundesarbeitsgericht hat das Gericht nicht zugelassen. (dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false