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Die Bank als Bett: ein Obachloser in Berlin.

© picture alliance / Paul Zinke

Vor Konferenz von Senat und Bezirken: Lage der Obdachlosen in Berlin ist dramatisch

Mehrere zehntausend Menschen in der Hauptstadt haben keine Wohnung. Erstmals beraten jetzt Behörden und Hilfsorganisationen gemeinsam über Lösungen.

Am Dienstag waren es wieder 20, der übliche Schnitt. Zwischen 17 und 20 kranke Obdachlose tauchen regelmäßig im Behandlungszimmer von Jutta Herbst-Oehme auf. Sie kommen aus allen möglich Nationen, vor allem aber aus Osteuropa. Jutta Herbst-Oehme, die Fachärztin für innere Medizin, kümmert sich um sie. Kostenlos, im Behandlungsraum der Stadtmission, mit viel Engagement.

Jemand wie Jutta Herbst-Oehme sieht permanent, wie schlimm die Situation der Wohnungslosen in Berlin ist. „Sie hat sich verschärft“, sagt sie, „vor allem dadurch, dass viele Menschen aus Osteuropa gekommen sind.“

Wie viele Menschen in Berlin auf der Straße leben, weiß niemand. Aber über jene Menschen, die in Not- und Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sind, über die gibt es Zahlen. Zum 31. Dezember 2016 waren es 30.718. Das sind fast doppelt so viele wie im Jahr zuvor.

Deshalb findet heute die „1. Berliner Strategiekonferenz zur Wohnungslosenhilfe“ statt, organisiert von der Verwaltung der Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke). Erstmals sitzen alle Verantwortlichen an einem Tisch, erstmals beraten sie gemeinsam über Lösungen. Vertreter der Bezirke und der zuständigen Senatsverwaltungen sind ebenso da wie Hilfsorganisationen, 200 Teilnehmer insgesamt. Eingeladen wurden auch die Botschafter aus Rumänien, Bulgarien und Polen, von wo ein Teil der Obdachlosen stammt. Doch nur der Generalkonsul von Polen kommt. Von den Botschaften Rumäniens und Bulgariens gab es nicht mal eine Antwort.

Hilfe muss jetzt koordiniert werden, das ist der entscheidende Schritt. Deshalb haben Elke Breitenbachs Experten neue „Leitlinien für die Wohnungslosenhilfe und -politik“ aufgeschrieben. Es gibt viele Stellschrauben, an denen die Sozialsenatorin drehen möchte. Die Fachstellen für Wohnungsnotfälle der Bezirke sollen weiterentwickelt werden. Bei Räumungsklagen sollen Amtsgerichte und Bezirke kooperieren, mit der Ziel, möglichst eine Räumung zu verhindern oder sie zu verzögern. Auch die Wohnungsbaugesellschaften sollen stärker in die Verantwortung genommen werden. Ein „Frühwarnsystem“ soll verhindern, dass Mieter letztlich ausziehen müssen. Probleme sollen frühzeitig erkannt und nach Möglichkeit gelöst werden.

Neun Arbeitsgruppen zu den verschiedenen Themengebieten werden sich an die Detailarbeit machen. Sie sollen in Zukunft regelmäßig tagen.

"Osteuropäer wissen, dass es Helfer gibt, die ihre Sprache verstehen"

Wenn jemand bereits obdachlos ist, soll ihm zumindest das Leben erleichtert werden. Deshalb sollen niederschwellige Angebote erweitert werden. Das Behandlungszimmer von Jutta Herbst-Oehme ist so ein niedrigschwelliges Angebot. „Die Osteuropäer wissen, dass es hier Helfer gibt, die ihre Sprache verstehen“, sagt die Ärztin, „das erleichtert ihnen, zu uns zu kommen. Bei anderen Stellen haben sie Angst, dass sie sich nicht verständlich machen können.“ Es reicht ja längst nicht mehr aus, wenn bei Hilfseinrichtungen nur Deutsch gesprochen wird. Deshalb wird auch die Kältehilfe ausgebaut.

Vom Winter 2018/19 an werden bereits vom 1. bis 31. Oktober und dann noch vom 1. bis 31. April jeweils 500 Plätze angeboten, ergänzend zu den 1000, die zwischen dem 1. November und dem 31. März zur Verfügung stehen.

Eine Strategiesitzung ist überfällig

Die Kältehilfe hat auch eine medizinische Betreuung, Jutta Herbst-Oehme hat dort jahrelang gearbeitet. „Auch dort“, sagt sie, „sieht man, wie sehr sich die Situation verschärft hat. Es gibt immer mehr Menschen, die gestürzt sind, die Krampfanfälle oder eine Infektionen haben.“ Eine Strategiesitzung für Wohnungslosigkeit? „Die ist dringend nötig.“

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