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Landeseigene Wohnungsbaugesellschaft sagt ab: Vorkaufsrecht für Berliner Wohnhaus in der Schönleinstraße 19 verfällt
Der Bezirk wollte das Vorkaufsrecht ziehen, doch Gelder fehlten. Nun sagt auch die Gewobag ab, Argument: Unwirtschaftlichkeit. Das sagt der Bezirk und diese Berechnungen sind bekannt.
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Der kommunale Vorkauf für das Mehrfamilienhaus in der Schönleinstraße 19 wird nicht zustande kommen. Wie der Tagesspiegel am Dienstag erfuhr, soll die landeseigene Gewobag die Übernahme wegen Unwirtschaftlichkeit abgesagt haben.
Bereits im Januar hatte der Tagesspiegel exklusiv berichtet, dass ein Vorkauf offenbar nicht zustande kommen wird. Damals wandte sich der Bezirk zum Erwerb der Immobilie an den Senat, der für das Vorhaben jedoch keine Mittel freigab. Eine Finanzierung aus Mitteln der Städtebauförderung sei „rechtlich nicht möglich“, teilte ein Sprecher der Senatsverwaltung damals mit.
Auch ein genossenschaftlicher Erwerb, der seitens des Bezirks im Rahmen einer zweiten gutachterlichen Prüfung angestrebt wurde, scheiterte. Dieser war aus „organisatorischen Gründen“ nicht umsetzbar, hieß es in der Mitteilung.
Zu diesem Ergebnis kam die Gewobag
Nach Berechnungen der Gewobag, die dem Tagesspiegel exklusiv vorliegen, hätten nach dem sogenannten Base-Plus-Szenario die „Finanzierungskosten“ mit 90.000 Euro pro Jahr das „Defizit“ von 70.000 Euro überschritten. Außerdem hätten den Berechnungen zufolge für die Instandsetzung des Hauses aus dem laufenden Cashflow 100.000 Euro aufgebracht werden müssen.
Ich habe den Eindruck, dass der Senat kein Interesse an einem Ankauf hat und hier die Gewobag vorgeschickt hat.
Florian Schmidt, Bezirksstadtrat für Bauen von Friedrichshain-Kreuzberg, über das Vorgehen.
Florian Schmidt, Friedrichshain-Kreuzbergs Bezirksstadtrat für Bauen, kritisiert die Berechnung der Gewobag. Sie sei für ihn nicht nachvollziehbar. Detailliertere Berechnungsgrundlagen habe Schmidt trotz Nachfrage nicht erhalten. „Ich habe den Eindruck, dass der Senat kein Interesse an einem Ankauf hat und hier die Gewobag vorgeschickt hat“, teilte der Baustadtrat am Nachmittag dem Tagesspiegel mit. Mit ähnlichen Kosten-Parametern seien in der letzten Legislaturperiode zahlreiche Vorkaufsrechte umgesetzt worden.
Bereits zuvor teilte Schmidt mit, dass die Erwerbskosten auf Grundlage einer gutachterlichen Stellungnahme bei einem Vorkauf um 50 Prozent reduziert worden wären. Dennoch dankte er den engagierten Bewohnenden des Hauses.
Bewohner hätten Direktkredite gegeben
Wie bereits berichtet, hätte der Kaufpreis für die Immobilie bei 1,4 Millionen Euro gelegen, plus etwa 200.000 Euro Erwerbsnebenkosten. Außerdem wären etwa 111.500 Euro für eine Minimalsanierung nötig gewesen. Damit hätten die gröbsten Missstände am Haus beseitigt werden können, etwa an der Elektrik und an Stahl- und Holzbauteilen wie dem Dachstuhl.
Seit einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts im September 2021 können nur noch Häuser vorgekauft werden, die in einem schlechten baulichen Zustand sind. Seitdem wurden in Berlin nur noch zwei Häuser vorgekauft: in der Neuköllner Weichselstraße 52 und das sogenannte Tuntenhaus in der Kastanienallee im Prenzlauer Berg.
Offenbar signalisierten die Bewohner des Hauses in der Schönleinstraße auch Bereitschaft, die notwendigen Baumaßnahmen durch Direktdarlehen und Mieterhöhungen mitzufinanzieren. Das würde den Großteil der Kosten aber noch nicht abdecken. Was nun die Mittel der Städtebauförderung angeht, seien 1,4 Millionen der angefragten Mittel als Rücklagen ohnehin dem Bezirk zugeordnet, so damals Bezirksstadtrat Schmidt. Sie müssten aber dennoch vom Senat freigegeben werden. Hinzu kämen etwa 305.000 Euro, die der Senat zusätzlich aufbringen müsste.
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