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Mit roten Schuhen wird Femizid-Opfern gedacht. (Symbolbild)

© imago images/ULMER Pressebildagentur

Update

„Lass deinen Mann dich mal umarmen“: Berlinerin mit 85 Messerstichen getötet – lebenslange Haft für Ex-Partner

Als eine Frau die Beziehung zu ihrem Freund beendet, sticht er mit einem Messer auf sie ein – 85 Mal. Eine Tat aus Frust, Eifersucht, übersteigertem Besitzdenken, urteilte das Gericht.

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Die vietnamesische Kosmetikerin Duyen B. hatte keine Chance. Sie stand in einem Fahrstuhl, als ihr Ex-Partner plötzlich auf sie einstach. Er habe die Trennung nicht akzeptieren wollen, befand das Berliner Landgericht am Donnerstag. Aus Frustration und Wut, aus Eifersucht und starkem Besitzdenken habe Viet T. die 27-Jährige getötet. Wegen Mordes erging eine lebenslange Haftstrafe gegen den 29-Jährigen.

Viet T. hörte aufmerksam zu. Eine Dolmetscherin übersetzte ins Vietnamesische. Der Koch hatte sich erst gegen Ende des Prozesses geäußert. Er sei am 25. Januar dieses Jahres zu der Mutter des gemeinsamen Sohnes gefahren, um erneut über das Umgangsrecht zu sprechen, so seine Version. Die Tat sei nicht geplant gewesen, sagte sein Verteidiger, der einen Schuldspruch wegen Totschlags beantragte.

In dem Plattenbau an der Marzahner Chaussee standen sie sich gegen 9 Uhr gegenüber. Duyen B. kam gerade aus ihrer Wohnung, sie telefonierte mit einem Bekannten. Der Junge befand sich bei Verwandten. Es kam zu einem Streitgespräch mit ihrem Ex, von dem sie sich einige Monate zuvor nach rund vierjähriger Beziehung getrennt hatte. Hinter ihr lagen Wochen, in denen er sie mit Chat-Nachrichten terrorisiert hatte.

Heimtückischer Mord aus niedrigen Beweggründen

„Lass deinen Mann dich mal umarmen“, soll T. in der Auseinandersetzung auch gesagt haben. Die Frau sei laut geworden, Nachbarn wurden aufmerksam. „Er beschwichtigte und rief, alles sei in Ordnung“, sagte der Vorsitzende Richter Wolfgang Dobrikat in der Urteilsbegründung. Der Aufzug näherte sich, der Streit schien beendet. „Als die Frau den Aufzug betrat, rechnete sie nicht mit einem Angriff auf ihr Leben.“ Arglos sei die 27-Jährige gewesen.

Das Gericht ging wie die Staatsanwaltschaft von einem heimtückischen Mord aus niedrigen Beweggründen aus. Als T. erkannt hatte, dass die Beziehung „definitiv und unumkehrbar“ beendet war, habe er zugestochen. Er habe die Frau „vernichten wollen aus tief empfundener Kränkung“, eine „Bestrafungsaktion“.

Vier T. will sich nicht bewusst gewesen sein, dass er ein Küchenmesser mit einer Klinge von etwa 20 Zentimetern in seiner Jackentasche hatte. Er habe es am Vortag wegen eines Umzugs eingesteckt und nicht mehr daran gedacht, erklärte er. Im Fahrstuhl sei er „ausgerastet“. An einzelne Stiche könne er sich allerdings nicht erinnern.

Erst hat er in den Rücken- und Nackenbereich gestochen, so das Gericht. Weitere Stiche gingen dann in Arme und Beine. Die Frau sei zusammengesackt. Dutzende Stiche folgten Richtung Kopf und Gesicht – „von ihm empfundener Hass kam zum Ausdruck“, sagte der Richter.

Nachbarn fanden die blutüberströmte Frau

Viet T. nahm nach der Tat noch die Jacke, die Handtasche und das Handy seines Opfers an sich, floh dann über das Treppenhaus. Anwohner fanden die blutüberströmte Frau. Jede Hilfe kam zu spät. Sie starb noch am Tatort. Wenige Tage später wurde T. festgenommen.

Ohne Mitleid, ohne Gnade habe der Täter gehandelt, sagte der Anwalt des Vaters der Getöteten. Es sei „ein mit Grausamkeit geführter Femizid“, so der Nebenklage-Anwalt bereits zu Prozessbeginn. Femizid bedeutet, dass Frauen aufgrund ihres Geschlechts getötet werden – also weil sie Frauen sind. Als häufigste Form gilt die Tötung von Frauen durch Partner oder Ex-Partner.

Es sei kein „situativer Kontrollverlust“ gewesen, stand für Staatsanwalt und Nebenkläger fest. T. habe im Prozess versucht, die Ursachen für die unfassbare Tötung bei anderen zu suchen. Angst und Sorge um das Umgangsrecht habe er vorgeschoben. Es sei keine Tat im Affekt gewesen, kein Handeln in einem Ausnahmezustand.

Staatsanwalt und Nebenkläger beantragten auch eine Feststellung der besonderen Schwere der Schuld. Eine Haftentlassung auf Bewährung nach 15 Jahren wäre dann nahezu ausgeschlossen. Das Gericht folgte dem nicht. So sei es keine von langer Hand geplante Tat gewesen, hieß es. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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