
Flashmob: Liegender Protest gegen A 100
Aktion gegen den Ausbau der A 100: Ein "Flashmob" blockiert die Kreuzung zwischen Oberbaumbrücke und Warschauer Straße Am Sonnabend wird der SPD-Parteitag darüber diskutieren.
Am Sonntagnachmittag blockierten verschiedene Bürgerinitiativen mit einem „Flashmob“ kurzzeitig die Kreuzung zwischen Oberbaumbrücke und Warschauer Straße – aus Protest gegen den Lkw-Verkehr, der eines Tages von der verlängerten Autobahn aus dort entlangrollen könnte. Demonstranten legten sich auf die Fahrbahn, einige von ihnen waren als Unfallopfer verkleidet. Andere verteilten Blumen an die wartenden Autofahrer. Die Pflanzen hatten sie in den Gärten gepflückt, die dem Autobahnausbau weichen sollen. Nach fünf Minuten beendeten die rund 100 Teilnehmer die Aktion.
Über die Verlängerung der Stadtautobahn von Neukölln zum Treptower Park wird auch auf dem Parteitag der Berliner SPD debattiert; dabei wird es bestimmt hoch hergehen. Aus Sicht der Gegner könnten sich die Sozialdemokraten die Aufregung sparen. Denn die Kritiker des 420-Millionen-Euro-Projekts meinen, dass sie auf der vorerst letzten Sitzung des Runden Tisches zum künftigen „Stadtentwicklungsplan Verkehr“ vor einigen Tagen die ultimativen Argumente vernommen haben, um das Vorhaben guten Gewissens zu beerdigen.
So berichten die Verkehrsexpertinnen von Grünen und Linken, dass Vertreter der von Autobahn-Befürworterin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) geführten Stadtentwicklungsverwaltung erstmals erklärt hätten, dass die A 113 den Schwerverkehr nicht nur wunschgemäß gebündelt habe. Stattdessen habe die vor zwei Jahren eröffnete Neubaustrecke zwischen Schönefeld und Neukölln zusätzliche Transit-Lkw in die Stadt geholt. „Die Lkw fahren durch die Innenstadt, um Maut zu sparen und abzukürzen“, sagt Grünen-Verkehrsfrau Claudia Hämmerling. Sie befürchtet denselben Effekt durch den neuen Abschnitt der A 100 – mit dem verschärfenden Umstand, dass diese Autobahn die Lastwagen am Treptower Park auf Stadtstraßen entlässt.
Die Stadtentwicklungsverwaltung wollte diese Darstellung nicht bestätigen, zumal nach Auskunft einer Sprecherin gar nicht erfasst wurde, ob die Lastwagen Berlin als Ziel haben oder auf der Durchreise sind. Andere Teilnehmer der Veranstaltung wollten sich nicht äußern, da der Runde Tisch nicht öffentlich getagt hat. An ihm sind Verbände ebenso beteiligt wie Bezirksämter, Verwaltungsleute, Verkehrsplaner und Fachpolitiker.
Hämmerling sieht ihre Kritik auch dadurch bestätigt, dass im Entwurf für den künftigen Verkehrsentwicklungsplan des Senats als Pilotprojekt eine gestaffelte Lkw-Maut vorgeschlagen wird, die den Transitverkehr aus der Innenstadt fernhalten soll. Jedoch dienen die vom Bund bezahlten Autobahnen laut Bundesfernstraßengesetz generell „einem weiträumigen Verkehr“. Jutta Matuschek, bei den Linken fürs Verkehrsressort zuständig, berichtet von einem weiteren Aha-Effekt der Sitzung: Die Diskussion über das mittelfristige Budget für Verkehrsinvestitionen sei „wohl auch für die Verwaltung ein heilsamer Schock“ gewesen. Denn „im Prinzip ist gar nichts finanzierbar“. Bis auf wenige Millionen sei das Budget von mehreren Milliarden Euro auf Jahre hinaus gebunden, um Straßen und Anlagen der BVG zu unterhalten. Die von der SPD gewünschten Kompensationen – Rückbau der entlasteten Straßen, neue Tramstrecken und mehr – „stehen bis auf ganz wenige Ausnahmen schon im alten Stadtentwicklungsplan Verkehr. Das ist längst beschlossen und hat schon in den vergangenen Jahren nicht geklappt“, sagt Matuschek. „Warum soll es jetzt klappen?“
Martin Schlegel vom BUND bestätigt das und sagt: „Die SPD-Haushälter müssten das auch wissen.“ Ein ebenfalls anwesender CDU-Bezirksstadtrat spricht von „äußerst geringen finanziellen Bewegungsspielräumen“. Er habe aber nicht den Eindruck, dass den Skeptikern in der SPD falsche Hoffnungen gemacht worden seien. „Der Stadtentwicklungsplan Verkehr läuft ja deutlich länger als die mittelfristige Finanzplanung.“ Die Verkehrspolitiker von SPD-, CDU- und FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus hatten an der Schlussrunde nach Tagesspiegel-Informationen nicht teilgenommen.