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Ämter in der Kritik: Linke warnt vor weiterem Stellenabbau in der Verwaltung

Berlins Verwaltung steht in der Kritik, die Ämter sind schlecht besetzt Der Senat beschwichtigt zwar, die Opposition glaubt jedoch, dass es noch schlimmer wird. Welche Maßnahmen sollten jetzt gezogen werden?

Überlastet und bürgerfern? In einer Studie haben die Berliner Verwaltungen, wie berichtet, bundesweit den letzten Platz belegt. Der Senat weiß um das Problem, immer wieder wurden die Ämter der Hauptstadt als bürokratisch und schlecht ausgestattet bezeichnet. Die Landesregierung hatte schon vor Jahren deshalb Handlungsempfehlungen ausarbeiten lassen, woraus sich als Zukunftsbild ergeben hat: „Die Berliner Verwaltung geht aktiv auf die Bürgerschaft im Stadtteil zu und moderiert gemeinsame Vorhaben.“ Und weiter: „In allen zwölf Bezirken wird nicht nur in den gleichen Strukturen, sondern auch mit den gleichen Geschäftsprozessen gearbeitet (...).“

In der Opposition im Abgeordnetenhaus hieß es am Mittwoch eher spöttisch: Klar, würden die Behörden auf die Bürger zugehen – wenn sie dafür die nötigen Leute hätten. Denn neben falscher Planung sei Personalmangel die Ursache für Abfertigungsstau in den Ämtern. Vor der Verabschiedung des kommenden Landeshaushalts hatte etwa die Linke 80 Millionen Euro mehr für die Bezirksämter gefordert, davon 40 Millionen für Personal, im besten Fall also für die Beschäftigten, die für die Bürger da sein sollten.

Für die Studie des Magazins „Focus Money“ wurden 238 Berliner befragt – wohl eher wenig, um eine stichhaltige Aussage zu treffen, wie Senatssprecher Bernhard Schodrowski sagte. „Wir haben eine Personalsituation, die nicht üppig ist, aber mit unseren Mitarbeitern können wir die anfallenden Aufgaben bewältigen.“ Berlin sei außerdem nicht nur eine Stadt, sondern auch Bundesland. Die Behörden hätten mehr Aufgaben als die Verwaltungen in Düsseldorf und Hannover: Beide Städte hatten in der Studie die ersten Plätze belegt. Das weiß auch Udo Wolf, Fraktionschef der Linken. Doch gerade weil Berlin viele Aufgaben habe, warnt er vor weiteren Stellenstreichungen. „Bis 2016 sollen in den Bezirken noch mal mehr als 1400 Stellen wegfallen“, sagte Wolf. Allein um den Status quo zu halten, müsse man aber Personal aufstocken, schon weil viele Mitarbeiter oft kurz vor der Rente stünden.

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Etwa sechs Milliarden Euro, rund 30 Prozent des Landeshaushalts fließen in die Bezirke, für die rund 20 000 Beschäftigte arbeiten. Die Linke will sich mit der Gewerkschaft Verdi treffen, um über Aktionen zur Stärkung des öffentlichen Dienstes nachzudenken. „In den Bezirken kann nicht mehr gespart werden“, sagte die Berliner Verdi-Vizechefin Astrid Westhoff. Thomas Birk von den Grünen geht davon aus, dass bei „strikten Personalkürzungsvorgaben“ selbst Lichtenberg – das wegen seines elektronischen Wartemanagements als Modellbezirk gilt – sein Niveau nicht halten können wird. Er fordert neben dem „gezielten Personalaufbau“, auch einen verbesserten „elektronischen Workflow“. In diesem Punkt geht es bundesweit wohl voran, wie der E-Government-Monitor festgestellt hat. Angaben zu Berlin gibt es derzeit aber nicht. Der Monitor wird von der „Initiative D21“ erstellt, einem Kreis von Unternehmen und Institutionen, mit dem Ziel, die digitale Öffnung von Politik zu fördern.

In Senatskreisen wird darauf hingewiesen, dass die Bezirke unterschiedlich mit ihren Ressourcen umgingen. Noch kann von „gleichen Geschäftsprozessen“ in den Bezirken jedenfalls nicht die Rede sein. Was Service angeht, ist Spandau wohl weiter Schlusslicht. Der früheste Termin, den man am Mittwoch für einen Besuch im Bürgeramt in der Wasserstadt buchen konnte, war der 31. August dieses Jahres. Wer die Zentrale im Rathaus an der Carl-Schurz- Straße ohne stundenlange Wartezeiten aufsuchen will, muss sich mehr als neun Wochen bis zum 21. September gedulden. Auch in Spandau hat man sich nicht rechtzeitig um Nachwuchs gekümmert, nun ist das Personal überaltert und oft krank. Das Amt in Kladow ist zu, inzwischen droht auch der Wasserstadt-Filiale die Schließung. Immer mehr Spandauer weichen in Nachbarbezirke aus. Denn jedes Bürgeramt muss auch Klienten aus den anderen Stadtteilen bedienen. Zum Leidwesen der Charlottenburger, die nun Arbeit ihrer Spandauer Kollegen mitmachen. Die Folge sind auch dort längere Fristen, Termine waren am Mittwoch erst für den 20. August erhältlich.

In anderen Bezirken ist man offenbar besser organisiert. In allen vier Neuköllner Bürgerämtern gab es Termine innerhalb von zwei Wochen. Genauso schnell geht es in den Bürgerämtern in Wedding und Tiergarten, in Heiligensee und Lichtenrade. Und das, obwohl Lichtenrade das erste Bürgeramt ist, das komplett mit Terminbetrieb arbeitet: Wegen der erhofften besseren Planbarkeit empfangen die Ämter in Tempelhof-Schöneberg ab August nur Bürger mit Terminen. Wer noch in den Sommerurlaub will, aber den für Auslandsreisen obligatorischen Kinderpass braucht, wird als Notfall abgefertigt, was schneller gehen sollte. Ob reiner Terminbetrieb aber künftig als bürgernah aufgefasst wird, wird sich zeigen.

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