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Nina Wehner in ihrer Kiezbuchhandlung, der "Buchkönigin".

© Madlen Haarbach

Für Deutschen Buchhandlungspreis nominiert: Literatur für alle in Neukölln

Nina Wehner liebt den Geruch, den die Literatur in ihrem Laden verbreitet. Nun wurde „Die Buchkönigin“ für den Deutschen Buchhandlungspreis ausgewählt.

Nina Wehner steht zwischen Büchern und Sesseln in der „Buchkönigin“ in der Hobrechtstraße 65 in Neukölln. Seit 2009 betreibt sie das Geschäft gemeinsam mit ihrer Kollegin Hannah Wiesehöfer. In diesem Jahr wurden die beiden zum ersten Mal für den Deutschen Buchhandlungspreis ausgewählt, als einer von zehn Berliner Buchläden. Bei der Preisverleihung am 2. Oktober in Rostock entscheidet sich dann, welchen der ersten drei Ränge die „Buchkönigin“ erlangt.

In den vergangenen Jahren hat Nina Wehner den Wandel Nord-Neuköllns miterlebt, Stammkunden kommen und gehen sehen. Einige hätten sich mit Tränen in den Augen verabschiedet, wenn sie umziehen mussten, erzählt sie. Andere sind der Buchhandlung seit fast einem Jahrzehnt treu. „Zu uns kommt rund 70 Prozent Stammpublikum“, sagt Wehner. Bei vielen Kunden kennt sie den Lesegeschmack, weiß, welche Ansprüche sie an Bücher stellen. „Das macht echt Spaß“, sagt Wehner und beschreibt auch den Austausch, den sie mit Nachbarn habe: Neben vielen Autoren leben auch Mitarbeiter von Verlagen und Kulturkritiker im Kiez, die oft auf neue Bücher hinweisen würden.

Ihrem Konzept bleiben die beiden Buchhändlerinnen allerdings treu: Eine „Buchhandlung für alle“ soll die „Buchkönigin“ sein, mit niedrigschwelligem Angebot und viel Literatur direkt aus dem Kiez. „Ich stecke hier so viel Arbeit und Zeit rein, ich sehe nicht ein, das zu ändern, nur weil sich vielleicht das Publikum ändert – da sind wir hartnäckig“, sagt Wehner. Ansonsten wird bestellt, was ins Sortiment passt. Und: was die Buchhändlerinnen selbst interessiert.

Niedrigschwellig sollen auch die Veranstaltungen sein. Regelmäßig finden Lesungen statt, oft von lokalen Autoren oder mit politischer Literatur. Auf Eintritt verzichten die Buchhändlerinnen, damit möglichst viele Menschen die Lesungen besuchen können. Die Resonanz sei unterschiedlich: „Manchmal ist der Laden voll, ein andermal sitzen wir hier im intimen Kreis mit fünf Personen“ sagt Wehner. Was den Unterschied mache sei schwierig zu sagen. Sicherlich spiele auch die Bekanntheit und der Grad an Vernetzung der Autoren eine Rolle – und ob diese erst kürzlich eine Lesung in der Nachbarschaft hatten. „Dann kommt natürlich niemand mehr“, sagt Wehner.

„Ich verkaufe hier nicht nur Produkte, ich verkaufe Inhalte“

Die schönen Seiten ihres Berufs? Bei der Frage muss die gelernte Buchhändlerin kurz überlegen. Klar, der Austausch mit den Kunden sei toll und immer wieder spannend. „Und natürlich ist es schön, in den eigenen Laden zu kommen und es riecht nach Büchern.“ Nicht wie in anderen Einzelhandelsgeschäften: „Ich verkaufe hier nicht nur Produkte, ich verkaufe Inhalte“, sagt Wehner. Außerdem erhalte sie immer wieder neue Anreize und lerne durch die Bücher viel dazu.

Gleichzeitig sei die Branche schwierig: Die Öffnungszeiten – an sechs Tagen in der Woche – und die geringen Gewinnmargen, die kaum das Anstellen von Personal ermöglichen. „Reich wird man nicht davon“, sagt Wehner. Aber das sei halt so. „Man muss schon viel Liebe und Idealismus mitbringen - und sich da auch selbst manchmal dran erinnern.“

Neben der „Buchkönigin“ werden am 2. Oktober auch die Buchhandlungen „Montag“ und „Prior & Mumpitz“ in Prenzlauer Berg ausgezeichnet. Außerdem gehen Preise an die „Marga Schoeller Bücherstube“ und die „Buchhandlung Godolt“ in Charlottenburg sowie „Walthers Buchladen“ in Steglitz, den „Prinz Eisenherz Buchladen“ in Wilmersdorf, den „Zabriskie - Buchladen für Kultur und Natur“ in Kreuzberg, das „Buchlokal“ in Pankow und die Buchhandlung „Bücher am Nonnendamm“ in Spandau. Bundesweit wurden insgesamt 118 Buchhandlungen ausgewählt. Jedem dieser Geschäfte ist damit bereits ein erster, zweiter oder dritter Platz sicher, diese sind mit jeweils 7000, 15.000 und 25.000 Euro dotiert. Nun geht es nur noch darum, ob sie jeweils ganz vorne oder auf Platz Nummer zwei und Drei landen.

Korrekturhinweis: In einer früheren Version dieses Artikels haben wir fälschlicherweise behauptet, dass das Geschäft "Walthers Buchladen" sich in Charlottenburg befindet. Wir haben den Fehler korrigiert.

Buchhandlungen, die sich für den Preis bewerben wollen, müssen inhabergeführt sein, ein kulturelles Veranstaltungsprogramm organisieren und über kreative Geschäftsmodelle verfügen. „Wir sind als kleine Buchhandlung prädestiniert für die Auszeichnung“, sagt Wehner und lacht. Sie freue sich sehr über die Anerkennung und will auf jeden Fall zur Preisverleihung nach Rostock reisen, gemeinsam mit ihrer Familie.

Mit dem Preisgeld, egal, welcher Preis es am Ende wird, kann sie dann eine Aushilfe für das Weihnachtsgeschäft finanzieren – und sich wieder etwas mehr ihrer Leidenschaft Bücher widmen.

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