Berlin: Luftwaffenmuseum: Giganten in Gatow
Nach gut hundert Jahren schließt sich der Kreis. Damals bezahlten die ersten Luftschiff-Pioniere ihren Erfindergeist mit dem Leben.
Nach gut hundert Jahren schließt sich der Kreis. Damals bezahlten die ersten Luftschiff-Pioniere ihren Erfindergeist mit dem Leben. Bald darauf revolutionierten die Zeppeline den Luftverkehr. Mit der rasanten Entwicklung der Flugzeuge schien ihre große Zeit vorbei, doch jetzt erlebt die Technologie der "fliegenden Zigarren" eine Renaissance. "Alles Zeppeline? Luftschiffe im militärischen und zivilen Einsatz gestern und morgen" ist der Titel einer Ausstellung, die im Gatower Luftwaffenmuseum gezeigt wird.
Der sächsische Oberförster Georg Baumgarten baute ein Luftschiff mit Muskelantrieb. Er starb, nachdem seine Konstruktion 1882 bei einem Versuch in Charlottenburg zerstört wurde, in der Irrenanstalt. Sein Partner, der Leipziger Buchhändler Hermann Wölfert, konstruierte 1896 das erste deutsche Luftschiff mit Motor und stürzte damit wenige Monate später auf dem Tempelhofer Feld in den Tod. Vier Jahre später begann mit der Jungfernfahrt des "LZ 1" am Bodensee der Siegeszug der Zeppeline, die trotz verschiedener Konkurrenten zum Synonym für dieses Transportmittel wurden.
Nach dem trüben Kapitel des Ersten Weltkrieges, als Luftschiffe zur Bombardierung Londons eingesetzt wurden, begann die Zeit der Verkehrsluftschiffe. Das LZ 120 "Bodensee" beförderte ab 1919 auf 100 Linienfahrten zwischen Friedrichshafen und Berlin-Staaken rund 4000 Passagiere. Mit dem "Traumschiff" LZ 129 "Hindenburg" erreichte die Entwicklung 1936 ihren Höhepunkt. Mit 245 Metern hatte der Gigant der Lüfte mehr als die dreifache Länge eines heutigen Jumbo-Jets. Unter der mit 200 000 Kubikmetern Wasserstoff gefüllten Hülle standen den Gästen auf der zweitägigen Transatlantikreise zwischen Frankfurt und New York neben 25 luxuriösen Doppelkabinen auch Speisesaal, Salons und Promenadendeck zur Verfügung. Mit das Katastrophe von Lakehurst, bei der 1937 insgesamt 36 Menschen im flammenden Inferno starben, endete eine Ära. Der hochexplosive Wasserstoff kam als Füllung nicht mehr in Frage, das ungefährliche Heliumgas wollten die USA nicht an das Nazi-Regime liefern.
Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte die Entwicklung der Flugzeuge die Zeppeline überholt. Inzwischen wird am Bodensee der 75 Meter lange Zeppelin neuer Technologie erprobt. Er soll schon bald zwölf Passagieren exklusive Reisen ermöglichen. Und in Brand vor den Toren Berlins soll mit dem Cargolifter ein fliegender Schwertransporter entstehen, der mit 260 Metern Länge und über 400 000 Kubikmetern Gasvolumen die "Hindenburg" in den Schatten stellt.
Die im vergangenen Jahr bereits auf der Luftfahrtschau ILA in Schönefeld gezeigte Ausstellung der Gesellschaft zur Bewahrung von Stätten deutscher Luftfahrtgeschichte ist in Gatow um eine Reihe von Originalstücken ergänzt worden. Leider wurde die Chance vertan, näher auf die lokalen Bezüge und die naheliegenden Stätten dieses Teils der Luftfahrtgeschichte einzugehen. Vom Potsdamer Luftschiffhafen ist unter anderem das Tor erhalten, und in Staaken steht noch die Gasanstalt der 1915 entstandenen Zeppelinwerft.
Rainer W. During