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In Gedenken.

© IMAGO/Martin Wagner

„Mach ick“: Nachruf auf unseren Kollegen Volker Kühnel

Er kannte die Bleiwelt und bügelte „Bausünden“ der Redakteure aus: Abschied von unserem Kollegen Volker Kühnel.

Wenn Sie diese Zeitung lesen, verdanken Sie das nicht nur Redakteuren und Autoren, sondern auch Menschen wie Volker Kühnel. Er hat als Mitarbeiter Textverarbeitung im Bereich Newslayout bis zuletzt mit dafür gesorgt, dass die Texte in einer vernünftigen Form im Tagesspiegel erscheinen konnten.

Volker Kühnel hat schon für den Tagesspiegel gearbeitet, als ich vor 40 Jahren zum ersten Mal in meinem Leben als Volontär die Setzerei der Mercator Druckerei in der Potsdamer Straße betrat, eine Welt für sich voller Lärm der Setzmaschinen und dem unvergesslichen Duft der Druckerschwärze.

Frisch von der Universität war das eine völlig fremde Welt, in der mitunter auch ein rauer, aber kollegialer Ton herrschte. Ich war froh, in dieser Domäne älterer Kollegen einen etwas jüngeren Kollegen zu finden, der mir half, in dieser Bleiwelt zu bestehen, wo die Seiten am Abend spiegelverkehrt auf dem Kopf standen.

Am 8. Oktober 1983 wurde die letzte Seite im Blei produzert. Voker Kühnel (ganz rechts) mit Kollegen der Mercator Druckerei vor den Schiffen der letzten Seiten.
Am 8. Oktober 1983 wurde die letzte Seite im Blei produzert. Voker Kühnel (ganz rechts) mit Kollegen der Mercator Druckerei vor den Schiffen der letzten Seiten.

© Rolf Brockschmidt

„Wat brauchste?“, fragte er lapidar, und regelte mein Anliegen ganz schnell: „Mach ick!“ Volker Kühnel war auch noch relativ neu in dieser Welt. Er wollte 1978 nach dem Gymnasium bei Mercator eine Schriftsetzerlehre beginnen. Doch die Ausbildungsplätze waren für das neue Lehrjahr schon vergeben, also arbeitete er ein Jahr lang als „Abzieher“, also jemand, der von den fertigen Seiten einen nassen Korrekturabzug mit der Bürste machte.

Danach folgte die Lehre als Schriftsetzer mit bestandener Gehilfenprüfung 1982. Volker Kühnel war als Metteur der ruhende Pol in der Mettage, unaufgeregt, immer freundlich und hilfsbereit. Und er hatte für alles eine Lösung. Kühnel konnte zuhören, viele Worte hat er selbst nicht gemacht.

Als 1983 nach dem Abschied vom Blei der Fotosatz eingeführt wurde, ließ er sich zum Layouter umschulen. Fortan wurden die Texte auf Fotofilm belichtet, gewachst und auf die Seite geklebt. Statt der Ahle, mit der er einst die Bleizeilen herausgepickt hatte, setzte er nun das Skalpell virtuos ein, um einen Artikel passend zu machen. 1986 wurde er Schichtleiter.

Als ab 1993 die Zeitung von den Redakteuren am Computer gebaut wurde, blieben erfahrene Kollegen wie Volker Kühnel als Mitarbeiter Textverarbeitung im Newslayout des Tagesspiegels, um die „Bausünden“ der Redakteure am Bildschirm wieder auszubügeln. Wie leicht waren beim Kürzen eines Kastens die Linien verrutscht oder Ähnliches. Kühnel war jederzeit ansprechbar. „Mach ick“, sagt er dann, mehr nicht. Oder er nickte einfach.

Wo man selbst ein Problem sah, hatte er die Lösung sofort parat. Auch mit der Maus beherrschte er sein Handwerk. Seine Kollegen loben seine ruhige, freundliche Art, im Zweifelsfall habe er immer eher das Positive gesehen. Nun ist Volker Kühnel am 20. November nach kurzer, schwerer Krankheit viel zu früh im Alter von 62 Jahren gestorben. Wir werden ihn vermissen.

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