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"Investor mit Herz" Michael Kölmel (Bildmitte hinten) inmitten der Mieter am Strausberg Platz 12.

© privat

Neuanfang statt Kündigung: Mieter finden ihren "Investor mit Herz"

Investoren kaufen Häuser, kündigen Mietern und verkaufen teuer. Dass es anders laufen kann, zeigt ein Fall, an dem ein prominenter Unternehmer beteiligt ist.

Aufatmen unter den Mietern des Hauses am Strausberger Platz 12: Weil ihr 21 Wohnungen beherbergendes Gebäude seit Anfang des Jahres zum Verkauf stand, fürchteten die Mieter eine Übernahme der Immobilie durch einen ihnen unbekannten Investor und die Kündigung mittels Eigenbedarfsanmeldung.

Diese hätte unverzüglich geltend gemacht werden können, weil das Haus bereits 2001 in Einzelwohnungen aufgeteilt und 2004 komplett verkauft worden war. Die auch außerhalb von Milieuschutzgebieten geltende Zehn-Jahres-Frist nach Verkauf, innerhalb derer die Mieter vor Eigenbedarfskündigungen geschützt sind, war daher bereits ausgelaufen.

Diese Sorge sind die Mieter um Sylvia Dornbusch nun los. Am Donnerstag machte sie den bereits am 20. September vollzogenen Verkauf des Hauses an einen "Investor mit Herz" öffentlich. Diese hatten die Mieter unter Duldung des Maklers für ihr Gebäude eigenverantwortlich gesucht.

Dornbusch zufolge meldeten sich 14 Interessenten. Den Vorschlag bekam Michael Kölmel. Der 65-Jährige ist Eigentümer des Verlags Zweitausendeins mit Sitz in Leipzig sowie des Filmverleihs „Weltkino“. Vor allem im Ostteil Berlins hatte er sich vor 21 Jahren einen Namen gemacht, nachdem er den finanziell in Schwierigkeiten geratenen Fußballclub 1. FC Union vor der Pleite bewahrt hatte. Union spielt heute in der 1. Fußball-Bundesliga.

Umfassende Zugeständnisse an die Mieter

Kölmel, der über die "Zeitungslektüre" von den Sorgen der Mieter am Strausberger Platz erfahren haben will, verpflichtet sich mit dem Kauf des Hauses zu umfassenden Zugeständnissen an die darin wohnenden Mieter. Demzufolge soll es in den kommenden fünf Jahren keine Erhöhung der Kaltmiete geben, außerdem wird es der Vereinbarung zufolge in den kommenden zehn Jahren keine Kündigung seitens des Vermieters geben. Darüber hinaus überlege Kölmel, Mietern ab einem gewissen Alter lebenslanges Mietrecht einzuräumen, so Dornbusch.

Investor und Fußballfan: Michael Kölmel, hier bei einem Spiel von Union gegen den 1. FC Magdeburg.
Investor und Fußballfan: Michael Kölmel, hier bei einem Spiel von Union gegen den 1. FC Magdeburg.

© Matthias Koch / Imago

Kölmel wiederum erklärte: "In einer Zeit, in der Wohnungsraum knapp und für viele kaum erschwinglich ist, kann es nicht sein, dass Investoren die Situation zusätzlich verschärfen, indem sie die Renditen maximieren. Um einen Beitrag zu mehr Menschlichkeit auf dem Wohnungsmarkt zu leisten, begnügen wir uns mit einer moderaten Rentabilität. Wir denken auch über eine bundesweite Initiative nach, die weitere „Investoren mit Herz“ motiviert und zusammenführt.“

Genau diese aus der Mieterschaft heraus ins Leben gerufene Initiative soll nun Schule machen. Dornbusch erklärt, mithilfe der bereits gesammelten Kontakte sollen vom Verkauf ihrer Häuser betroffene Mieter und interessierte Investoren zusammengeführt werden.

Letztere müssten sich allerdings zu den von Kölmel zugesicherten Bedingungen verpflichten. Dass sich für den Strausberger Platz 12 insgesamt 14 potentielle "Investoren mit Herz" gemeldet hatten, wertet Dornbusch als Indiz dafür, dass ihr Fall kein Einzelfall bleiben muss. Überlegt werde sogar, ob zusätzlich zu den Kündigungsschutzregeln die Anforderung gelten solle, dass "Investoren mit Herz" für den Kauf der Immobilien "keinerlei Bankfinanzierung in Anspruch nehmen dürfen".

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