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Berlin: Mietstreit um eine Fahne

Israels Flagge weht am Dachgeschoss: Einige Hausbewohner haben Angst, dass ihr Gebäude Ziel eines Anschlages werden könnte

Ist eine Israel-Fahne an der Hausfassade eine Bedrohung? Einige Mieter in der Prenzlauer Allee 5 sagen ja – und haben Angst, seit ein Mitbewohner die Flagge mit dem Davidstern aus seiner Dachgeschosswohnung flattern lässt. Ihr Haus könnte dadurch Ziel eines Anschlages werden, fürchteten sie. Und beschwerten sich bereits im April bei der Hausverwaltung – da hing die Fahne schon seit zwei Monaten unbeanstandet. Aber inzwischen hatte der Irak-Krieg begonnen und in Berlin wurden jüdische Einrichtungen aus Furcht vor Attentaten besonders bewacht.

Das Haus in der Prenzlauer Allee kam nicht ungeschoren davon. Im Mai prangten Graffiti an der Fassade, „Fuck Sharon!“ stand da oder „Israel and USA – Murderer“. Nun reagierte auch die Hausverwaltung. Der Dachgeschoss-Mieter, Ralf Schroeder, solle die Fahne sofort wieder einrollen.

„Wir sind nicht gegen die freie Meinungsäußerung, aber wir müssen die Beschwerden der anderen Mieter Ernst nehmen“, sagt die Geschäftsführerin der Treugrund-Hausverwaltung, Tamara Große. „Wir müssen den Hausfrieden erhalten.“ Das gelte für jemanden, der nachts seine Musikanlage voll aufdrehe, ebenso wie für jemanden, der eine Fahne raushänge, durch die sich andere Mieter bedroht fühlten. Deshalb beschied man Schröder: „Wenn Sie sich weigern, die Hausordnung einzuhalten, müssen wir andere Schritte einleiten.“ Sprich: Abmahnung. Und die ist Voraussetzung für eine Kündigung.

Vor Gericht hätten die Vermieter gar keine schlechten Karten, denn die bisherige Rechtsprechung sieht nach Auskunft des Berliner Mietervereins in politischen Willensbekundungen an Mietshäusern, zum Beispiel Transparenten, eine „nachhaltige Störung des Hausfriedens“. Nach Meinung der Richter könnte der Eindruck entstehen, alle Mieter eines Hauses stünden hinter dieser Losung. Und das könne auch für Fahnen gelten, so der Mieterverein.

„Mit uns hat kein einziger Mitbewohner über seine Angst gesprochen“, wundert sich Schröder. „Wir haben Freunde in Israel und wollten unsere Solidarität zeigen.“ Außerdem habe er eine Alternative zu den zahlreichen Friedensfahnen zeigen wollen. „Das war schon als Provokation gemeint.“ Das Ansinnen der Hausverwaltung wies Schröder zurück. „Es gibt hierzulande das Recht der freien Meinungsäußerung.“

Schröder und seine Lebensgefährtin haben inzwischen den Mietvertrag gekündigt. „Wir wollten vermeiden, dass wir urplötzlich auf der Straße stehen. Da haben wir uns eben eine neue Wohnung gesucht.“ Noch aber hängt die gefährliche Fahne am Dachgeschoß in der Prenzlauer Allee.

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