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Der Bezirk Mitte streitet weiter mit dem Senat um die Sondernutzung von Flächen für die Fanmeile bei der EM.

© dpa/Christoph Soeder

Millionen-Streit um Berliner Fanzone: Bezirke halten Gebührenbefreiung für Gastronomie und Events im Jahr 2024 für rechtswidrig

Der Bezirk Mitte fordert für die Fanmeile 1,2 Millionen Euro Sondernutzungsgebühr. Der Fall heizt einen alten Streit neu an.

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Senat und Bezirke sind sich uneinig, ob der für das laufende Jahr beschlossene Verzicht auf die Erhebung von Sondernutzungsgebühren gilt oder nicht. Dabei vertritt eine Mehrheit der Bezirke die Auffassung, der Senat habe eine zwingend erforderliche Anpassung der Gebührenordnung versäumt. Sie sehen sich rechtlich dazu verpflichtet, die Gelder weiter einzutreiben – verzichten darauf jedoch in der Erwartung einer Kompensation durch die Finanzverwaltung.

Entzündet hatte sich der Streit am Vorgehen von Christopher Schriner (Grüne), Verkehrsstadtrat von Mitte. Er hatte der landeseigenen Firma Kulturprojekte Berlin GmbH eine Sondernutzungsgebühr über 1,2 Millionen Euro für die beiden Fanzonen zur Fußball-EM in Rechnung gestellt. Scheinbar im Widerspruch dazu steht die Ende Dezember getroffene Entscheidung der Verkehrsverwaltung, die eine generelle Befreiung von der Zahlung von Sondernutzungsgebühren im Jahr 2024 vorsieht.

„Für uns reicht der Beschluss nicht aus. Die Mehrheit der Rechtsämter in den Bezirken sind ähnlicher Auffassung“, begründete Schriner sein Vorgehen gegenüber dem Tagesspiegel. Zwar hat auch der Bezirk Mitte davon abgesehen, entsprechende Bescheide über Sondernutzungsgebühren etwa an Gastronomen zu versenden. Dass man nun Geld von der Kulturprojekte GmbH wolle, liege an deren Abrechnungspraxis, erklärte Schriner. Der Bezirk wolle sicherstellen, dass der Betrag in der Gesamtabrechnung der Fanzone auftaucht.

Senat verzichtet auf Anpassung der Gebührenordnung

Auch aus Charlottenburg-Wilmersdorf hieß es, der Bezirk habe in Bezug auf den Erlass von Sondernutzungsgebühren eine andere Rechtsauffassung als der Senat. Statt, wie durch die zuständige Umwelt- und Verkehrsverwaltung geschehen, den Erlass mit dem „besonderen öffentlichen Interesse Berlins“ zu begründen, hätte die Sondernutzungsgebührenverordnung zwingend angepasst werden müssen, erklärt Oliver Schruoffeneger (Grüne), Amtskollege Schriners.

Selbiges wäre für den Senat einfach möglich gewesen, wurde aber unterlassen, heißt es übereinstimmend. Selbst ein von sieben Bezirken unterzeichnetes Schreiben hatte den Senat und insbesondere die Verkehrs- und Wirtschaftsverwaltung nicht zum Umdenken bewegt. Darin hatten die Rechtsämter darauf hingewiesen, dass nicht der Erlass, sondern dessen konkreter Anlass im öffentlichen Interesse des Landes sein müsse. Die Argumente der Bezirke seien teilweise brüsk abgekanzelt worden, heißt es hinter vorgehaltener Hand.

Im Ergebnis haben wir leider die Zersplitterung, die symptomatisch für Berlin und absolut kontraproduktiv ist.

Jochen Biedermann (Grüne), Verkehrsstadtrat Neukölln

Jochen Biedermann (Grüne), Verkehrsstadtrat von Neukölln, bezeichnete es im Gespräch mit dem Tagesspiegel als „extrem ärgerlich, dass nicht im Vorfeld mit den Bezirken gesprochen wurde.“ Bereits im Mai 2023 hatte die Koalition in den Richtlinien der Regierungspolitik festgehalten, die Sondernutzungsgebühren für das Jahr 2024 aussetzen zu wollen. Dass die aus Sicht vieler Bezirke unwirksame Vorgabe dazu erst zum Ende des Jahres kam, führte zu weiterem Frust. „Im Ergebnis haben wir leider die Zersplitterung, die symptomatisch für Berlin und absolut kontraproduktiv ist“, monierte Biedermann.

Regierungssprecherin Christine Richter wies das Vorgehen des Bezirks Mitte mit Bezug auf die Fanmeile zurück. Der Senat habe 2020 beschlossen, während der Fußball-EM außerhalb des Stadiongeländes auf die Erhebung von Sondernutzungsgebühren zu verzichten. „Die für die Fanzone verantwortliche Kulturprojekte GmbH befindet sich in der Angelegenheit in Gesprächen mit dem Bezirk Mitte“, erklärte Richter.

Zuvor hatte Kulturprojekte-Geschäftsführer Moritz van Dülmen erklärt: „Uns ist die Grundlage des Bescheids nicht klar.“ Die Veranstalterin der Fanzonen wehrt sich gegen die Millionen-Gebühr und hat Widerspruch eingelegt.

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