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Missbrauch durch so genanntes Kentler-Experiment: Institutionen sollen zur Aufarbeitung verpflichtet werden
Ein bundesweites Netzwerk machte die so genannten Kentler-Experimente möglich. Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung fordert nun ein Gesetz, dass zur Aufarbeitung zwingt.
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Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs fordert, dass Institutionen, die an den so genannten Kentler-Experimenten beteiligt waren, gesetzlich zur Aufarbeitung der Geschehnisse verpflichtet werden. Ein Zwischenbericht der Universität Hildesheim, der am Montag in Berlin vorgestellt wurde, hat gezeigt, dass die Aktivitäten des damals renommierten Sexualforschers Helmut Kentler in ein bundesweites Netzwerk eingebunden waren. Zu dem Netzwerk gehörten unter anderem Jugendämter, Träger der Jugendhilfe und Wissenschaftler.
Der Sexualforscher Kentler hatte Jugendliche aus schwierigen sozialen Verhältnissen mit zentraler Hilfe des Landesjugendamts Berlin zu pädosexuellen Männern vermittelt. Die Jugendlichen sollten von diesen Pflegepersonen sozial aufgefangen werden. In Wirklichkeit wurden sie Opfer sexuellen Missbrauchs. Auch Kentler selbst soll mehrere Minderjährige sexuell missbraucht haben.
Diese Strukturen sind bis heute noch wirkungsmächtig.
Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs
Die Aufarbeitungskommission fordert in einem Statement zum Zwischenbericht, „dass alle beteiligten Akteure und Institutionen hier aufarbeiten: Träger der Jugendhilfe und die Aufsichtsbehörden, die evangelische Kirche und Wissenschaft, hier vor allem die Fachgesellschaften, zum Beispiel der Sexualpädagogik“.
Die Erfahrungen der Kommission seit ihrem Start im Jahr 2016 zeigten deutlich, „dass nicht darauf gewartet werden kann, dass Institutionen von sich aus aufarbeiten, wo sie beim Schutz von ihnen anvertrauten jungen Menschen versagt haben“.
In dem Bericht sei deutlich geworden, „wie wirkungsmächtig diese Strukturen bis heute noch sind“. Das Forschungsteam habe zudem auf das Recht der Betroffenen sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend hingewiesen, Zusammenhänge aufzuarbeiten und Verantwortung zu benennen. Auch die Kommission betone das Recht auf Aufarbeitung und setze sich für eine gesetzliche Verankerung dieses Rechts ein.
Ohne die Beteiligung der Betroffenen sei nach Ansicht der Kommission keine umfassende Aufarbeitung möglich. Dafür müssten dringend Rechte wie Akteneinsicht und Informationsrechte für Betroffene geschaffen werden; die Betroffenen hätten ein Recht auf Aufarbeitung.
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