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Berlin: Mit Arien gegen Aids

Operngala erstmals mit neuen Moderatoren

Glücklich der Mann, der gleich sieben kameraerprobte Moderatoren braucht, damit seine Nachfolge gesichert ist. Loriot, der mit seinen kultigen Anmerkungen zu großen Arien die alljährlich im November in der Deutschen Oper zelebrierte festliche Aidsgala über so viele Jahre geprägt hat, saß diesmal in der Ehrenreihe im ersten Rang. Die Überleitung in die Post-Loriot-Ära übernahm der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit persönlich, indem er den Don Ottavio als Repräsentanten aus der Zunft der Spaßbremsen einführte.

Zuvor hatte er einige aus seiner Sicht wohl notwendige Bemerkungen gemacht: Passt das ernste Thema Aids zusammen mit einem glanzvollen Opernfest? „Ja“, lautete die Antwort. „Unbedingt. Wir brauchen die Aufmerksamkeit.“ Gerade junge Menschen, die eigentlich aufgeklärt sein sollten, gäben sich heute oft dem fatalen Irrglauben hin, dass Aids nicht mehr gefährlich sei, weil man Medikamente dagegen nehmen könne. „Ein totaler Irrtum!“, rief der Regierende mahnend. Etwa 14000 Menschen infizierten sich täglich weltweit am HI-Virus, sagte die Begum Inaara Aga Khan, die als Vorsitzende des Kuratoriums auftrat. In einer Grußbotschaft von UN-Generalsekretär Kofi Annan war von einem neuen globalen Notfall die Rede, besonders angesichts der raschen Ausbreitung in Osteuropa, Indien und China. Zwischen 400000 und 500000 Euro erbrachte die Gala, inklusive eines Schecks über 100000 Euro der Kosmetikfirma MAC.

Publikumsliebling im Moderatoren-Team des Abends wurde Max Raabe wegen seines Timbres und vielleicht auch wegen des hübschen Textes zum Thema Lady Macbeth und wie man dank einer Frau und ihrem Sinn fürs Praktische einen Regierungswechsel meuchelnderweise herbeiführt. Der Sänger selber befand bescheiden: „Niemand kann Loriot das Wasser reichen.“ Wie genau er außerdem noch Sabine Christiansen, Otto Sander, Johannes B. Kerner, Hellmuth Karasek und Helmut Lohner instruiert hat, mochte Vicco von Bülow gar nicht so genau ausführen. Nur, dass er gern noch mehr Zeit gehabt hätte zum Proben und Essengehen mit dem Team, dem er im Übrigen sehr dankbar sei.

Während Klaus Wowereit auch Sabine Christiansens Vortrag gut gefallen hat, lobte Guido Westerwelle diplomatisch die „Gesamtleistung des Kollektivs“, und Walter Momper freute sich vor allem über das von Jahr zu Jahr anspruchsvollere Arienprogramm. Für Lucia Aliberti ist ein Auftritt in der Deutschen Oper ein Heimspiel, besonders wenn sie Bellini singt. Da hagelte es Bravo-Rufe. Die gab es unter anderem auch für Maria Guleghina als Lady Macbeth und Marcello Álvarez, der als Werther herzergreifend klagte „Pourquoi me réveiller“.

Am Morgen danach ist spätes Wecken angezeigt, denn so schnell geht niemand schlafen, wenn Aidsgala ist. Die Verlosung unter anderem eines Smart Forfour begann erst weit nach Mitternacht. Hinter der Bühne feierten unter anderem Boris Becker und Anna Loos-Liefers, Heino Ferch, Gottfried John, Miss Europa Shermine Sharivar, Schulsenator Klaus Böger, der russische Botschafter Vladmir Kotenev, der Schweizer Botschafter Werner Baumann mit Frau Susanne und sein Vorgänger Thomas Borer-Fielding mit Frau Shawne. Die Rezepte für ein gelungenes Fest sind ziemlich unkompliziert, wenn die Details gut ausgeführt sind, das zeigte sich auch in dieser Nacht: Tanzmusik, die wirklich in die Beine fährt, reichlich Prosecco und mit Tafelspitz und Entenkeulen gut gefüllte Büffets. Die einen wirbelten hinter dem Bühnenvorhang enthusiastisch über die Opern-Bretter, während es sich andere Paare mit ihren gut gefüllten Tellern im Zuschauerraum gemütlich machten. Der war nach der Vorstellung so vergleichsweise leer und intim, das sich manche auch einfach nur zum Küssen dorthin zurückzogen.

Seit 1994 gibt es die Aidsgala, und sie kann sich trotz großer Konkurrenz als Institution bestens behaupten. Vielleicht, weil sie schon früh ein Motto gefunden hat, das gerade in schwierigen Zeiten immer aktueller wird: „Tu Gutes und hab Freude dran“.

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