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23.03.2023, Berlin: Klimaaktivist Henning Jeschke (r) von der Letzten Generation sitzt bei einer Protestaktion vor dem Bundesverkehrsministerium. Seine Hand klebt an einem Tisch aus dem Amtsgericht Tiergarten, an den er sich schon einmal während eines Prozesses festgeklebt hatte. Foto: Christophe Gateau/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

© dpa/Christophe Gateau

Update

Mit Tisch aus dem Gerichtssaal auf der Straße: Klimaaktivist schwänzt Prozess für Blockade in Berlin – Urteil fällt in Abwesenheit

Statt vor Gericht zu erscheinen, beteiligte sich Henning Jeschke an einer Blockade in Mitte. Dabei kam ausgerechnet der Gerichtstisch zum Einsatz, an dem er sich jüngst festgeklebt hatte.

Stand:

Der Klimaaktivist und Mitgründer der Gruppe „Letzte Generation“, Henning Jeschke, ist vom Amtsgericht Tiergarten zu zwei Geldstrafen im Gesamtwert von 1400 Euro verurteilt worden.

Er muss 50 Tagessätze zu je zehn Euro wegen Widerstands und versuchter Nötigung zahlen. Weitere 90 Tagessätze zu je zehn Euro werden wegen Widerstands, versuchter Nötigung und Sachbeschädigung fällig. Insgesamt ging es bei dem Prozess um sechs Aktionen der Klimaschutzgruppe.

Das Urteil fiel am Donnerstag in Abwesenheit des 23-Jährigen aus Greifswald. Er hatte zum Zeitpunkt der Verhandlung gemeinsam mit anderen Klimaschutzaktivist:innen der „Letzten Generation“ die Straße vor dem Bundesverkehrsministerium in Berlin blockiert.

Wie die Gruppierung selbst mitteilte, kam dabei auch der Tisch zum Einsatz, an dem sich Jeschke im vergangenen Monat in einem Verhandlungssaal des Amtsgerichts festgeklebt hatte. Jeschke war damals mitsamt dem Tisch aus dem Gebäude gebracht worden. Dem Prozess war Jeschke unentschuldigt ferngeblieben.

Teilweise gleitet das ein bisschen in Klamauk ab – auch was hier im Saal passierte.

Sebastian Jacobs, Richter, über die Aktionen der „Letzten Generation“

Gemeinsam mit weiteren Aktivist:innen hatte Jeschke den Tisch demnach auf der Invalidenstraße aufgestellt und darauf ein Schild mit der Aufschrift „Angeklagte:r“ platziert.

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In der Mitteilung der „Letzten Generation“ erklärte er dazu: „Wir klagen an. Dass durch Nichtstun auf der einen und Blockadehaltung auf der anderen Seite verfassungsrechtlich bindende Klimaziele verfehlt werden, während in Europa bereits das Trinkwasser knapp wird. Dass das Verkehrsministerium weiter aufs Gas tritt, obwohl wir wissen, dass das Milliarden von Menschen in Leid und Elend stürzen wird.“

Mit Bezug auf den Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) teilte Jeschke mit: „Wenn sich Wissing trotz wiederholter, fahrlässiger Gesetzesverstöße nicht hinter die Anklagebank bringen lässt, bringen wir die Anklagebank eben zu ihm.“

Die Polizei bestätigte auf Tagesspiegel-Anfrage, dass die Invalidenstraße am Nachmittag von vier Personen blockiert wurde.

Zwei von ihnen hatten sich demnach mitsamt dem Tisch auf die Fahrbahn geklebt. Um 14 Uhr war die Straße laut einem Polizeisprecher wieder frei. Zu Auswirkungen auf den Verkehr konnte der Sprecher keine Angaben machen.

Das Urteil am vor dem Amtsgericht fiel am vierten Prozesstag. Richter Sebastian Jacobs hatte nach eigenen Angaben mit dem wegen Erkrankung ebenfalls nicht zum Prozess erschienenen Verteidiger von Jeschke telefoniert und diesem mitgeteilt, dass er in Abwesenheit weiter verhandeln wolle. „Er nahm es zur Kenntnis“, sagte der Richter.

„Andere Personen wurden als Mittel zum Zweck instrumentalisiert, um Aufmerksamkeit zu erregen“, sagte Jacobs über Jeschkes Aktionen; ihre Bewegungsfreiheit sei dafür eingeschränkt worden. Von „Verwerflichkeit“ der Taten müsse man ausgehen. Es gebe „viele andere Möglichkeiten“, um sich zu engagieren. Den Tisch sprach der Richter indirekt an – man könne verstehen, dass junge Menschen Aufmerksamkeit erregen wollen. Mit Blick auf die Aktionen der „Letzten Generation“ sagte er: „Teilweise gleitet das ein bisschen in Klamauk ab – auch was hier im Saal passierte.“

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