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Kein Platz mehr. Der Mitte des 19. Jahrhunderts begründete islamische Friedhof am Columbiadamm ist das bevorzugte zentrale Gräberfeld der Berliner Muslime. 1963 wurde es erstmals erweitert, damals in Richtung des benachbarten Garnisonfriedhofes. In den vergangenen Jahren wurden am Columbiadamm jeweils rund 200 Muslime beerdigt. Foto: dpa

© dpa

Neukölln: Muslime fordern mehr Platz für ihre Toten

Auf dem Picknick-Gelände der "Tempelhofer Freiheit" sollte Platz für 7000 Gräber geschaffen werden. Doch aus der Erweiterung des zentralen Islamischen Friedhofs am Columbiadamm wird nun doch nichts - der Senat lehnt ab. Die muslimischen Gemeinden sind verärgert.

Bis zuletzt hatten die muslimischen Gemeinden in Berlin gehofft. „Wir stehen seit Jahren mit dem Senat im Dialog, es gab schon Entgegenkommen – und nun diese Absage“, ärgert sich der Präsident der Islamischen Föderation Berlin, Fazli Altin. Seit Montag weiß er, dass die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung die ursprünglich vorgesehene Erweiterungsfläche des zentralen Islamischen Friedhofes an der Sehitlik-Moschee am Columbiadamm in Neukölln ablehnt. Auf dem bisherigen Gelände stehen aber nur noch rund 50 Grabfelder zur Verfügung. „Dann ist Schluss“, teilte der Bezirk Neukölln zum Wochenbeginn mit. Alternativ könnten Muslime nur noch auf dem zweiten weit abgelegenen muslimischen Gräberfeld in Gatow bestattet werden. Für Fazli Altin ist das Nein des Senats deshalb „eine Missachtung der Muslimischen Gemeinden.“ Jährlich werden mehrere hundert Muslime in Berlin bestattet.

Schon vor etlichen Jahren zeichnete sich ab, dass auf dem ältesten muslimischen Friedhof der Stadt am Columbiadamm die Freiflächen für neue Gräber rar werden. Seit 2007 setzten sich der Bezirk Neukölln und die muslimischen Gemeinden für eine Erweiterung auf dem angrenzenden Gelände des einstigen Tempelhofer Flugfeldes ein. Auf fünf Hektar sollte – anfangs auch mit Unterstützung des Senats – Platz für 7000 zusätzliche Gräber geschaffen werden. Vorgesehen war das Picknick-Gelände auf der „Tempelhofer Freiheit“, die vom Flughafentor am Columbiadamm aus gesehen linkerhand an der Friedhofsmauer liegt. Dort ist auch der Biergarten, und es ist eines der wenigen von Bäumen beschatteten Areale auf der Freiheit“, heißt es bei der Grün Berlin GmbH. Folglich könne man das Picknick-Gelände schlecht verlegen.

Deshalb will die Stadtentwicklungsverwaltung der Tempelhofer Freiheit das Picknick-Gelände nun doch nicht wegnehmen. Man werde aber alternative Erweiterungsflächen prüfen, teilte Senator Michael Müller (SPD) am Montag mit – etwa am Sommerbad Neukölln oder der Lilienthalstraße. „Für uns ist das Projekt noch nicht gestorben.“

Neuköllns Baustadtrat Thomas Blesing (SPD) glaubt nicht an den Erfolg dieser Bemühungen. Die avisierten Alternativen seien zu klein. Blesing: „Die Zukunft der muslimischen Bestattungskultur in Berlin wird derzeit zu Grabe getragen“. Die einzige Alternative, der 1988 auf dem Landschaftsfriedhof Gatow angelegte muslimische Friedhof, hat zwar noch große Freiflächen, doch vielen Muslimen ist er zu abgelegen. „Da kann man ja gleich in die Türkei fliegen“, sagt der islamische Bestatter Orhan Aydogdu. Der Bedarf für Gräberstätten nahe Neukölln und Kreuzberg, wo die meisten Muslime wohnen, nehme zu. Die erste Generation der nach Berlin gezogenen Muslime habe sich noch zu 90 Prozent in ihrer Heimat beerdigen lassen, die in Berlin geborenen Nachfolgegenerationen wünschten sich aber meist eine letzte Ruhestätte am vertrauten Wohnort. Hinzu kommt, dass Berlin 2010 seine Bestattungsregeln lockerte. Seither darf ein Toter nach muslimischem Brauch im Leichentuch unter die Erde gebracht werden. Zuvor galt der Sargzwang.

Die Islamische Föderation regte am Montag einen Kompromiss an. Etliche zentrale christliche Friedhöfe seien inzwischen viel zu groß. „Auf deren Freiflächen könnte man doch separate muslimische Gräberstätten anlegen.“

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