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Nach der antisemitischen Beleidigung des Potsdamer Rabbiners Ariel Kirzon in Berlin sucht die Polizei nach dem Täter.

© dpa / dpa / Soeren Stache

Update

„Wir sitzen jetzt schon in einem Knast“: Wachsende Unsicherheit bei der Jüdischen Gemeinde in Potsdam

Nach dem Angriff auf den Rabbiner Ariel Kirzon fühle man sich nicht mehr sicher, sagt die Jüdische Gemeinde. Kirzon fordert mehr Schutz für das Gemeindehaus.

Die antisemitische Beleidigung des Potsdamer Rabbiners Ariel Kirzon in Berlin hat bei der Jüdischen Gemeinde in Brandenburgs Landeshauptstadt neue Unsicherheit ausgelöst. „Wir fühlten uns in Potsdam relativ sicher - jetzt nicht mehr“, sagte der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Potsdam, Evgueni Kutikow, am Mittwoch. Obwohl der Vorfall in Berlin geschehen sei, wachse die Verunsicherung nun auch in Brandenburg. In Potsdam sitzt auch das Abraham-Geiger-Kolleg, das Rabbiner ausbildet.

Zur Debatte um die Sicherheit von Juden sagte Kutikow, nach dem rechtsterroristischen Anschlag auf die Synagoge von Halle 2019 sei die technische Sicherheit am Gemeindehaus erhöht worden. Es gebe einen Schutzzaun, Betonblöcke, Videokameras und Alarmsysteme. „Wir sitzen jetzt schon in einem Knast“, meinte er.

Bei Gottesdiensten und den Feiern am Sabbat sitze ein „Aufpasser“, der aus der Gemeinde stamme, vor der Tür. Einen Vertrag mit einem Sicherheitsdienst könne sich die Gemeinde, die rund 500 Mitglieder habe, finanziell nicht leisten, sagte Kutikow.

Der von dem antisemitischen Vorfall betroffene Potsdamer Rabbiner Ariel Kirzon forderte bessere Sicherheitsvorkehrungen für das Gemeindehaus. Die Polizei schütze die Gemeinde zu besonderen Feiertagen, sagte Kirzon. „Aber was ist mit dem ganzen Jahr?“

Er sagte zu möglichen Angriffen auch vor dem Hintergrund des Anschlags auf die Synagoge von Halle im Jahr 2019: „Das kann passieren irgendwo und jederzeit.“ Terroristen suchten Plätze und Orte auf, die wenig geschützt seien. An jedem Schabbat, wenn er in Potsdam Gottesdienst feiere, mache sich seine Frau Sorgen, erzählte Kirzon. „Wir wollen Gebete machen können ohne Sorge.“ Der jüdische Feiertag Schabbat beginnt am Freitagabend und dauert bis zum Abend des Samstages. Nun überlege er schon, auf der Straße nicht mehr Hebräisch zu sprechen und spezielle Teile seiner Kleidung nicht mehr zu zeigen, sagte der Rabbiner, der vor drei Jahren schon einmal angegriffen worden sei.

Kirzon wurde laut Polizei am Dienstagvormittag in Berlin-Mariendorf antisemitisch beleidigt und an der Schulter angerempelt, als er mit seinem Sohn auf dem Gehweg am U-Bahnhof Westphalweg lief und auf Hebräisch telefonierte. Videoaufzeichnungen am U-Bahnhof sollen ausgewertet werden.

Kirzon sagte der „Bild“-Zeitung, auch seine Kleidung habe ihn als Juden gezeigt. „Ich war also eindeutig als Jude zu erkennen, als mich plötzlich ein arabisch aussehender Mann beschimpfte und angriff. Er schrie „Jude“, hob die Hände, fasste mich an. Jeden Moment dachte ich, er schlägt zu.“ (dpa)

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