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Der Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz von Sachsen, Gordian Meyer-Plath.

© Tim Brakemeier/dpa

Nach dem NSU-Untersuchungsausschuss: Vorwurf der Falschaussage gegen Sachsens Verfassungsschutzchef

Gordian Meyer-Plath war in Brandenburg tätig, bevor er Präsident des Verfassungsschutzes in Sachsen wurde. Jetzt holt ihn die NSU-Zeit wieder ein.

Dem Chef des sächsischen Verfassungsschutzes, Gordian Meyer-Plath, droht neuer Ärger. Grund sind seine Verwicklungen in der Affäre um den Brandenburger V-Mann Carsten Szczepanski alias „Piatto“ und seine Aussagen im Jahr 2018 vor dem NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags in Potsdam.

Volkmar Schöneburg, Obmann der Linksfraktion im Untersuchungsausschuss, beschuldigt Sachsens Verfassungsschutz-Präsidenten, der bis 2013 Mitarbeiter des Brandenburger Verfassungsschutzes war, der Falschaussage vor dem Ausschuss.

Außerdem wirft Schöneburg Meyer-Plath vor, dem wegen Mordversuchs verurteilten Neonazi Szczepanski dabei geholfen zu haben, im Gefängnis ein Magazin für die militante Naziszene zu produzieren. Falschaussagen vor parlamentarischen Untersuchungsausschüssen sind strafbar und können mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft werden.

Meyer-Plath steht derzeit in Sachsen ohnehin unter Druck. Grund ist die Erwähnung des Konzertes #wirsindmehr in Chemnitz im September 2018 im neuen Jahresbericht des Verfassungsschutzes. Die sächsische Behörde stellt in ihrem Bericht fest, dass angeblich linksextremistische Bands das Konzert - aus Anlass rechtsextremen Ausschreitungen - mit 65000 „ganz überwiegend nichtextremistischen“ Zuschauern für ihre Propaganda genutzt hätten.

Vertreter der Linken aus Bund und Ländern, darunter Volkmar Schöneburg (2.v.r.), berichteten am Mittwoch im Bundestag von den NSU-Ausschüssen.
Vertreter der Linken aus Bund und Ländern, darunter Volkmar Schöneburg (2.v.r.), berichteten am Mittwoch im Bundestag von den NSU-Ausschüssen.

© privat

Der Brandenburger NSU-Untersuchungsausschuss hat am Montag seinen Abschlussbericht vorgelegt. In dreijährigen Arbeit hat der Ausschuss ermittelt, dass Szczepanski das Fanzine „United Skins“ in der Haftanstalt Brandenburg/Havel mit Wissen und Billigung des Verfassungsschutzes produziert hatte.

Der Neonazi konnte dadurch zu einer zentralen Schaltstelle im Netzwerk der Terrorgruppierung „Combat 18“ werden und damit die Idee der führerlosen Terrorzellen verbreiten. Nach diesem Vorbild agierte auch das Mördertrio NSU.

Meyer-Plath verneinte Fragen zur Hilfe für "Piatto"

„Piatto“ sind vom Verfassungsschutz Schreibmaschinenbänder und Portokosten bereitgestellt und der Zugriff auf ein Postfach außerhalb der Haftanstalt ermöglich worden. Meyer-Plath war damals zunächst als Auswerter, zeitweilig aber auch als V-Mann-Führer beim Brandenburger Verfassungsschutz beschäftigt.

Im Untersuchungsausschuss wurde er 2018 gefragt, ob er Post für „Piatto“ in die Haftanstalt gebracht habe oder an Absprachen dazu beteiligt war. Beides verneinte Meyer-Plath, nachzulesen im Abschlussbericht des Ausschusses.

Linke-Obmann Schöneburg sagte nun, diese Aussagen von Meyer-Plath seien durch Aktenfunde und Zeugenaussagen widerlegt. 1997 war nach einem „Junge Welt“-Bericht über die Herstellung von Neonazi-Magazinen im Knast eine verschärfte Postkontrolle eingeführt worden – nach Absprache mit dem Verfassungsschutz aber nicht mehr für Szczepanski.

Schöneburg sieht einen begründeten Verdacht

Der damalige Sicherheitschef der JVA hat nach eigenen Aussagen mehrfach Beutel mit Unterlagen für „Piatto“ von Meyer-Plath entgegengenommen und an diesen übergeben. Und Meyer-Plath habe auch an einer Besprechung teilgenommen, bei der das Vorgehen für die  Übergabe der Post besprochen worden sei.

Schöneburg sagte dem Tagesspiegel: „Im Ergebnis besteht der begründete Verdacht, dass Meyer-Plath aktive Beihilfe zur Herstellung volksverhetzender Schriften, nämlich des Szenemagazins ,United Skins‘ geleistet und hierüber in seiner Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss am 20. April 2018 auch unwahre Angaben gemacht hat.“

Der Abschlussbericht des Untersuchungsausschuss des Brandenburger Landtags zum rechtsextremen Terrornetzwerk NSU.
Der Abschlussbericht des Untersuchungsausschuss des Brandenburger Landtags zum rechtsextremen Terrornetzwerk NSU.

© Ralf Hirschberger/dpa

„Piatto“ hatte nach der Entlassung aus der Haft 1998 dem Brandenburger Verfassungsschutz einige der wenigen Hinweise aus dem Helfernetz des NSU auf ein untergetauchtes Neonazis-Trio gegeben. Brandenburg reichte die Informationen nur mit Beschränkungen für die weitere Nutzung an die Geheimdienst-Behörden in Sachsen und Thüringen weiter, wo die Hinweise versickerten.  

Ab 1998 war Meyer-Plath auch einer der V-Mann-Führer von „Piatto“. Nach Ansicht von Linken, CDU und Grüne hätte die Mordserie des NSU verhindert oder zumindest die Suche nach dem Trio erleichtert werden können, wenn Brandenburg den Quellenschutz für „Piatto“ nicht über die Strafverfolgung gestellt hätte.

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Zudem erheben die drei Fraktionen den Verdacht, dass die Behörden die rechte Szene erst stark gemacht und aufgebaut hätten. Die Grünen sehen eine Mitschuld Brandenburgs an den Verbrechen des NSU. Ein gemeinsames Votum hatte der Untersuchungsausschuss nicht getroffen, insbesondere die SPD will kaum Fehler erkennen.

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