
© Jörn Hasselmann
Nach der Sanierung ist vor der Sanierung : Neue Probleme bei den Zügen der Berliner S-Bahn
Am Dienstag rollte der letzte Zug des Typs 481 zur Entrostung in die Werkstatt. 250 Millionen Euro kostete das Projekt „Langlebigkeit“. Doch bald müssen die Züge erneut in die Werkstatt: Die Kabel sind porös.
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Die Berliner S-Bahn hat ihren letzten Zug in die Entrostung geschickt. Begleitet von hunderten Eisenbahnfans rollte der Zug am Mittag in das Ausbesserungswerk Schöneweide. Dort wird er in den kommenden drei Monaten komplett auseinandergebaut. Denn der Rost ist unter dem Fußbodenbelag.
250 Millionen Euro hatten die Länder Berlin und Brandenburg vor zehn Jahren in die Hand genommen für das Projekt Langlebigkeit. Der Auftrag war, die 1000 Wagenkästen, haltbar zu machen. Der Rost hatte ihnen so zugesetzt, dass die Stabilität in Gefahr war. 16 Kästen bekamen in einem Spezialwerk in Halle (Saale) neue Träger eingesetzt, in einem unglaublich komplizierten Verfahren. Die Not bei der Berliner S-Bahn war so groß, dass wirklich jeder Wagen gerettet werden musste.
Die Baureihe 481, wegen der kuriosen runden Frontscheibe auch Taucherbrille genannt, ist die mit Abstand größte Baureihe der Berliner S-Bahn. Ohne die Züge hätte man den Betrieb einstellen müssen. Zu lange war eine Neubestellung hinausgezögert worden. Also fiel vor zehn Jahren die Entscheidung zur Kompletterneuerung.

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Da die Züge für die Rostbeschau entkernt werden mussten, wurde die Gelegenheit genutzt, Design und Technik zu erneuern. Die Wagen haben jetzt Videoüberwachung. Zur Erinnerung: Beim Bau der Züge hatte sich die S-Bahn aus Kostengründen lange gesperrt. Bei der BVG sind Kameras schon viel länger Standard.
Für Fahrgäste am auffälligsten: Der Lack außen ist heller und wirkt damit frischer. Das Polster hat das DB-Design bekommen. Die Türen haben nicht nur eine auffallend neue Farbe in glanzschwarz, sie sind komplett neu. „Die Türen waren der größte Störfaktor“, hatte S-Bahn-Chef Peter Buchner 2019 gesagt, als der erste Zug präsentiert wurde.
Eine Klimaanlage wurde allerdings nicht nachgerüstet. Die neue Baureihe 483/484, wegen ihrer flachen Front auch Tablet genannt, ist bislang der einzige klimatisierte Zug in Berlin. Die BVG hat, wie berichtet, bei den neuen U-Bahnen darauf verzichtet.
Eigentlich sollten die in Schöneweide aufgearbeiteten Züge nur bis 2029 fahren, so war einmal der Plan. Das ist längst überholt. Da die Ausschreibung für neue Züge mittlerweile mehrere Jahre Verspätung hat, werden die 481er bis weit in die 30er Jahre das Stadtbild prägen. Zwar fährt mittlerweile eine erste kleine Serie der neuen Züge. Doch wann größere Stückzahlen folgen, ist unklar. Der unterlegene Konzern Alstom geht gegen das Ergebnis der Ausschreibung vor Gericht. Das kann Jahre dauern.

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Laut S-Bahn müssen die aktuellen Züge vermutlich bis 2037 durchhalten, eventuell noch länger. Und das heißt: Es muss bald ein zweites Sanierungsprogramm gestartet werden. Denn die Ende der 90er Jahre verwendeten Kabel halten nicht mehr lange, die Isolierung löst sich auf. Das Problem sei umfangreicher als erwartet, führe zunehmend zu Störungen an den Fahrzeugen, hieß es am Dienstag.
Der erste Zug der Baureihe 481 war 1996 vorgestellt worden, bis 2004 wurden 500 Viertelzüge gebaut. Wie jeder Fahrgast schnell erkannte, waren etwa ebenso viele Tücken in die Züge eingebaut, vor allem die klemmenden Türen ärgerten die Bahn.
200 Leute waren in den vergangenen Jahren in Schöneweide mit den 481ern beschäftigt, nun sucht das Werk neue Aufträge, wie Werksleiter Martin Aurich sagte. Aktuell werden für Stadler die neuen U-Bahnen für die BVG in Betrieb genommen. Rote S-Bahnen und gelbe U-Bahnen stehen derzeit nebeneinander im Werk.
Von den 481ern stehen jetzt noch etwa 70 Wagen im Werk, sie sollen in den kommenden Monaten nach und nach fertig werden. „Dann sind über 90 Prozent der S-Bahnflotte neu oder modernisiert“, so die Bahn in einer Mitteilung. Da die Ost-Baureihe („Coladose“) bereits ausgemustert ist, ist aktuell nur noch die West-Berliner Baureihe 480 aus den 80er Jahren in Betrieb. Laut S-Bahn sind es noch etwa 70 „Viertelzüge“, also zwei fest gekuppelte Waggons. Vier Viertelzüge bilden traditionell einen kompletten Zug.
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