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Die Staatswanwaltschaft geht von einer religiösen Motivation des mutmaßlichen Täters aus und spricht von einem Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt.

© Ebrahim Noroozi/AP/dpa

Nach Messer-Attacke am Holocaust-Mahnmal: Generalbundesanwalt in Karlsruhe übernimmt die Ermittlungen

Nach dem Angriff auf einen spanischen Touristen in Berlin-Mitte schaltet sich die Bundesanwaltschaft ein. Tatverdächtig ist ein 19-jähriger Flüchtling aus Syrien.

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Nach dem Messerangriff auf einen spanischen Touristen am Berliner Holocaust-Mahnmal hat die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen gegen den 19-jährigen Tatverdächtigen übernommen. Als Grund nannte die Karlsruher Behörde am Montag die besondere Bedeutung des Falls.

Der tatverdächtige Wassim Al M. ist ein anerkannter Flüchtling aus Syrien, der in einer Geflüchtetenunterkunft in Leipzig leben soll.

Ihm wird vorgeworfen, versucht zu haben, einen Menschen aus niedrigen Beweggründen und heimtückisch zu töten. In diesem Zusammenhang wird ihm auch eine gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Der Beschuldigte soll die Ideologie der ausländischen terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ (IS) teilen.

Die Bundesanwaltschaft geht davon aus, dass der Mann aus einer radikal-islamistischen und antisemitischen Überzeugung heraus handelte, die sich gegen die freiheitliche Gesellschaftsform in Deutschland richtet. Damit sei die Tat geeignet, die innere Sicherheit der Bundesrepublik zu beeinträchtigen. Die kriminalpolizeilichen Ermittlungen werden vom Landeskriminalamt Berlin fortgeführt.

Ein 30-jähriger Tourist aus Spanien war am vergangenen Freitag im Stelenfeld des Denkmals für die ermordeten Juden Europas mit einem Messer angegriffen und lebensgefährlich verletzt worden. Der Tatverdächtige wurde noch am Freitagabend in der Nähe des Tatorts festgenommen.

Bei seiner Festnahme fand die Polizei nach eigenen Angaben einen Gebetsteppich, einen Koran, einen Zettel mit Koran-Versen sowie die mutmaßliche Tatwaffe. Er soll ausgesagt haben, dass seit einigen Wochen in ihm der Plan gereift sei, „Juden zu töten“.

Der Beschuldigte war laut Behörden im Jahr 2023 als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nach Deutschland gekommen. Er hat seinen Wohnsitz in Leipzig. Das Opfer musste nach dem Angriff notoperiert und zeitweise in ein künstliches Koma versetzt werden.

Dschihadistische Gruppierungen hätten weiterhin das Ziel, sich bietende Gelegenheiten in Deutschland und anderen westlichen Staaten für von ihnen gesteuerte oder motivierte Anschläge zu nutzen, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums auf Anfrage.

Allein handelnden Tätern, die einfach einzusetzende Mittel - vor allem Hieb- und Stichwaffen - einsetzen, stellen nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden „die aktuell dominante Gefahrenquelle im Bereich des islamistischen Terrorismus in Europa dar“.

Auch die Anleitung „tatgeneigter Personen“ durch den IS via Chats werde immer wieder festgestellt. Daneben tragen den Angaben zufolge auch Ereignisse wie die Entwicklungen im Nahen Osten nach dem terroristischen Überfall der Hamas in Israel am 7. Oktober zu einer Radikalisierung und Mobilisierung bei.

Schließlich könnten Anschläge der vergangenen Monate „ein Initial und beispielgebend für gleichgelagerte amokähnliche oder islamistische Taten in der Zukunft sein“, sagte der Sprecher. Hinweise auf Verbindungen der einzelnen Tatverdächtigen untereinander sowie etwaige weitere Zusammenhänge oder gezielte Einflussnahmen seien bislang nicht erkennbar.

Muslimischer Verband verurteilt Gewalttat

Der Zentralrat der Muslime betonte: „Ein solcher Angriff hat nichts mit der Solidarität mit den Palästinensern zu tun.“ Gewalt gegen Unschuldige sei durch nichts zu rechtfertigen und widerspreche den Werten der Religionsgemeinschaft der Muslime. „Wer die legitimen Rechte der Palästinenser mit Antisemitismus vermischt, schadet der Sache und trägt zur Spaltung bei.“

Der Mann sei vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt und nicht ausreisepflichtig gewesen, teilte das sächsische Innenministerium mit. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur lebte er in einer Gemeinschaftsunterkunft in Leipzig, die am Samstag durchsucht wurde.

Die Attacke am Holocaust-Mahnmal in Berlin hat bundesweit Entsetzen ausgelöst. Der lebensgefährlich verletzte 30-Jährige musste nach der Messerattacke am Freitag notoperiert werden. Er befindet sich nach dpa-Informationen noch im Krankenhaus, sein Zustand ist stabil.

Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas des Architekten Peter Eisenman war im Mai 2005 der Öffentlichkeit übergeben worden. Mit dem Stelenfeld und einem unterirdischen Informationsort wird in der Hauptstadt nahe dem Brandenburger Tor an die rund sechs Millionen ermordeten Juden unter der Herrschaft des Nationalsozialismus erinnert. (dpa/tsp)

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