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Neue Erkenntnisse im Fall Rebecca Reusch: Polizei durchsucht Wald und weiteres Objekt – erneut Leichenspürhunde im Einsatz
Wird der Fall Rebecca Reusch doch noch geklärt? Am Dienstag weitet die Polizei ihren Einsatz aus. Sie durchsucht unter anderem ein weiteres Objekt, in dem die Großeltern des Verdächtigen gelebt haben sollen.
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Im Zusammenhang mit der seit mehr als sechs Jahren vermissten Rebecca Reusch hat die Polizei ihren Einsatz in Brandenburg ausgeweitet. Die Ermittler durchsuchten am Dienstag ein weiteres Grundstück sowie ein Waldstück, wie Polizei und Staatsanwaltschaft mitteilten.
Für heute sei der Einsatz beendet, teilte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Berlin am Dienstagnachmittag mit. Er machte keine Angaben dazu, ob bei den Durchsuchungen mögliche Beweismittel gefunden wurden. Ob der Einsatz am morgigen Mittwoch fortgesetzt werden soll, konnte er noch nicht sagen.
Beide Orte befinden sich in Herzberg, einem Ortsteil der Gemeinde Rietz-Neuendorf (Landkreis Oder-Spree) – also ganz in der Nähe des Privatgrundstücks in Tauche, das am Montag durchsucht wurde. „Hintergrund der Maßnahmen sind neue Erkenntnisse im Rahmen der Ermittlungen“, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Berlin.

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Bei den Durchsuchungen des Grundstücks kamen erneut auch Leichenspürhunde zum Einsatz. Das betroffene Gelände ist etwa einen halben Hektar groß, wie ein Polizeisprecher sagte. Bis 2005 sollen in dem Haus die Großeltern des Hauptverdächtigen gelebt haben, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Michael Petzold. Der Hauptverdächtige ist der heute 33 Jahre alte Schwager von Rebecca. Er soll sich nach Angaben des Sprechers in dem Haus ausgekannt haben.

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Das zweigeschossige Haus wirkt baufällig und steht offenbar leer. Untersucht wird auch das Grundstück, das sich hinter dem Gebäude befindet. Von außen sind auf der unbebauten Fläche Gestrüpp, Bäume und grüner Rasen zu sehen. Die Grünfläche wirkt relativ gepflegt, der Rasen sieht gemäht aus, ein paar Paletten liegen herum. Viele der anliegenden Grundstücke haben große Gärten. Zwischen den darauf stehenden Häusern herrscht daher ein gewisser Abstand.

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Die Berliner Polizei erhält bei den Durchsuchungen erneut technische Unterstützung des Bundeskriminalamts. Neben einem Bagger waren auch eine Drohne und Messgeräte im Einsatz, ein sogenannter Bodenradar. Damit wolle man den Boden in einer Tiefe von bis zu rund zwei Metern absuchen, hieß es. Ein Wassertank auf dem Grundstück wurde zudem abgepumpt. „Der war leer“, berichtete ein Sprecher der Polizei kurz darauf.
Rund 50 Kräfte waren in der Spitze an dem Einsatz beteiligt. Um die Mittagszeit verließen einige Beamte das Grundstück bereits wieder. Die Ermittlungen auf dem Grundstück in Tauche, das am Montag durchsucht wurde, sind nach Angaben des Polizeisprechers abgeschlossen.
„Wir suchen nach Beweismitteln“, hatte Polizeisprecher Florian Nath am Dienstagmorgen erklärt. „Es ist nicht auszuschließen, dass wir Beweise finden, die im Zusammenhang mit ihr stehen oder sogar menschliche Überreste.“ Neben den Durchsuchungen wollen die Einsatzkräfte Anwohnerinnen und Anwohner befragen. „Die Beamten werden von Tür zu Tür gehen“, sagte Nath.
Polizei startet Zeugenaufruf zu pinkem Twingo

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Konkret geht es auch um einen Zeugenaufruf zu einem pinken Twingo. „Wer hat am 18. Februar 2019 bzw. kurz danach das abgebildete Fahrzeug gesehen?“, fragen die Ermittler. Es sollten in Tauche Flyer an die Anwohner verteilt werden, sagte der Polizeisprecher.
Am Tag von Rebeccas Verschwinden und tags darauf wurde das Auto der Familie auf der Autobahn Richtung Polen von einem Kennzeichenerfassungssystem gescannt – auch in der Nähe von Tauche, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte. Außer dem Schwager hatte den Angaben nach niemand Zugriff auf den pinken Twingo. Das Auto war damals durchsucht worden. Eine nachvollziehbare Erklärung gab er nicht ab.
In dem Zeugenaufruf will die Polizei auch wissen: „Wer hat Beobachtungen gemacht, die auf ein Versteck, bzw. ein Vergraben eines Leichnams hindeuten könnten?“ Der Schwager der damals 15-jährigen Schülerin steht laut Polizei im Verdacht, Rebecca getötet und ihren Leichnam in dem Twingo transportiert und in Tauche im Ortsteil Lindenberg, beziehungsweise in der Umgebung, versteckt oder vergraben zu haben.
Hinweise nimmt die 3. Mordkommission des Landeskriminalamts Berlin in der Keithstraße 30 in 10787 Berlin unter (030) 4664-911333 oder per E-Mail entgegen. Ebenso können sich Zeugen über die Internetwache oder jede andere Polizeidienststelle melden.

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Das damals 15 Jahre alte Mädchen war am Morgen des 18. Februar 2019 im Berliner Stadtteil Britz im Bezirk Neukölln verschwunden, nachdem sie die Nacht laut Angaben der Familie und der Polizei im Haus ihrer Schwester und ihres Schwagers verbracht hatte.
Der damals 27-jährige Schwager des Mädchens war bei einer Feier gewesen, er kam erst am frühen Morgen zurück. Rebeccas Schwester ging früh zur Arbeit. Als die Mutter anrief, um Rebecca zum Schulbesuch zu wecken, ging niemand ans Telefon. Dann versuchte sie, den Schwager zu erreichen, der Anruf wurde weggedrückt. Kurz darauf rief er zurück und sagte, Rebecca sei bereits weg. Das Mädchen kam nie in der Schule an – und auch nicht zurück nach Hause. Seitdem wird sie vermisst. Die Ermittler vermuten schon länger, dass der Schwager die Jugendliche getötet hat. Der Mann bestreitet das.
Dazu, wo sich der heute 33-Jährige befindet und ob er erneut befragt wird, werde sich die Polizei aus ermittlungstaktischen Gründen nicht äußern, sagte Nath.
Großeinsatz auf Privatgrundstück
Bei einem Großeinsatz suchte die Polizei bereits am Montag ein Grundstück der Großeltern des Schwagers in Tauche ab. Zur Frage, ob es relevante Funde gab, äußerten sich die Ermittler zunächst nicht. Mehr als 100 Polizeikräfte waren im Einsatz, beteiligt waren auch Kräfte des Bundeskriminalamts.
Ehemaliger Profiler sieht Grund zur Hoffnung
Die Ermittlungen im Fall Rebecca übernahm nach dem Verschwinden des Mädchens eine Mordkommission des Berliner Landeskriminalamtes. Sie ging seither Hunderten von Hinweisen nach – bisher immer erfolglos. Als im Oktober 2020 und Januar 2021 in Berlin und Brandenburg Knochenfunde gemeldet wurden und ein Zusammenhang mit dem Kriminalfall vermutet wurde, stellte sich heraus, dass sie zu Tieren gehörten.

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Vor gut fünf Jahren fanden Jugendliche eine Decke und Knochen bei Kummersdorf in Brandenburg – ebenfalls ohne Bezug zu Rebecca, wie die Untersuchungen ergaben.
Der ehemalige Kriminalbeamte und Profiler Axel Petermann sieht in dem neuen Einsatz in Brandenburg Grund zur Hoffnung. „Es gibt immer wieder Entwicklungen, die dann doch das Rätsel eines Verbrechens zu lösen helfen“, sagte Petermann am Dienstagmorgen im Inforadio des RBB. Als er noch in der Mordkommission gearbeitet habe, habe er selbst Taten geklärt, die bereits einige Jahre zurücklagen.
„Es können Beweismittel gefunden werden, Zeugen können ihre Aussagen ändern, oder manche erinnern sich erst nach langer Zeit daran, dass sie etwas Wichtiges wahrgenommen haben“, sagte Petermann. „Auch die Beschuldigten können irgendwann mal unter dem Druck, dass sie einen Menschen getötet haben, umkippen und ein Geständnis ablegen, um sich zu entlasten.“
Trotz der langen Zeit seit Rebeccas Verschwinden könnten die Ermittler noch verwertbare Spuren finden, glaubt Petermann. Speziell ausgerichtete Leichenspürhunde könnten selbst nach Jahren noch Rückstände wahrnehmen, die bei der Zersetzung eines Körpers entstehen, sagte er dem RBB. „Das könnte ein möglicher Ansatz für die erneute Suche in dem Bereich sein.“ (Tsp, dpa)
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