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Immer stilbewusst: Bob Schneiders Figur Jutta Hartmann.

© Mønchsleben

Neues Futschi-Buch: Neuköllner Schick by Jutta Hartmann

Nach dem Kochbuch folgt jetzt die Stilbibel der kultigen Kneipenwirtin: „Futschi Envogue“ feiert Donnerstag Buchpremiere im Heimathafen.

Ja, wie „Futschi Envogue“? War doch gerade erst „Futschi Deluxe“! Schadet nüscht, noch ein Weinbrand mit Cola, Mischungsverhältnis 80/20, geht immer. Und ein Jutta-Hartmann-Buch im Jahr sowieso. Dieses rothaarige Unterhaltungsschrapnell ist als singende, tanzende und Kokolores schwatzende Kneipenwirtin aus der Neuköllner Nogatstraße bekannt geworden. Wenn man die Plastikperücke lüpft, kommt darunter allerdings ein in Kladow ansässiger Herr namens Bob Schneider zum Vorschein. Das hat angesichts von Juttas Omnipräsenz – etwa als Stargast beim BVG-Orchester – jedoch inzwischen jeder vergessen. Schneider selber und sein Comedypartner Ades Zabel auch. Diese unvermeidliche Neuköllner Menschheitsgeißel geistert als Edith Schröder selbstredend mit durch das neue Hartmann-Buch, unterhält aber bekanntlich noch ein eigenes, genauso florierendes Trash-Universum.

Apropos Trash. In „Futschi Deluxe“ hat Jutta Hartmann ungebeten wunderliche Rezepte einer angeblichen „Neuköllner Kneipenküche“ preisgegeben. Nun schüttelt sie am Donnerstag bei der Buchpremiere von „Futschi Envogue“ im Heimathafen die Mottenkugeln aus den getigerten Fummeln und präsentiert „Lifestyletipps aus Neukölln“. Erster Gedanke: Prost Mahlzeit, das ist ein Widerspruch in sich! Zweiter Gedanke: Wenn’s dem durch Hipster und Alteingesessene zerschundenen Bezirk modisch aufhilft, warum nicht?

Für Jutta Hartmann heißt gut gekleidet sein in erster Linie: Denver Clan, Denver Clan, Denver Clan! Die legendäre US-Serie hat im Futschi-erweichten Gehirn der Wirtin ästhetische Muster von der Größe mehrerer XXL-Schulterpolster hinterlassen. Aber ist das wirklich ein Grund für alle anderen Frauen (kicher!), ab sofort ebenfalls Animalprints, Polyacrylhosen, Matrosenhütchen, Strickjacken mit fröhlichem Clownmotiv oder Jeans mit Strass-Applikationen zu tragen? Tja. Allerdings erhöht das nach 20 Futschi die Streetcredibility auf der Sonnenallee.

Blind zu unterschreiben ist Juttas Seitenhieb auf den urbanen Hipster-Style samt seiner seltsamen Bebeutelung: „In einem Jutesack bringe ich höchstens mal das Leergut weg“, ätzt sie in ihrer Stilfibel. Weiter finden sich auf den 66 intellektuell leicht zu unterschätzenden, aber großzügig mit schrägen Mitmachfotos dekorierten Seiten Ratschläge zum Thema Kosmetik, Fitness, Ernährung, Einkaufen, Balkonpflege. Die Shoppingtipps sind, wie es die gute Hausfrau liebt, gleich mit Adresse versehen. Wie etwa der vom Wurst-Sonderposten-Markt am Britzer Damm oder von Schnäppchenprinz in der Karl-Marx-Straße. Zweifelsohne erstklassige Fachgeschäfte, von Jutta Hartmann streng geprüft. Enttäuschend dagegen, dass sie Blumen auf dem Balkon nicht genauso liebt wie Blumen auf der Bluse. Nur Kunstblüten auf Balkonien? Pfui, Jutta!

Ganz bei sich und ihrem uneindämmbaren Sendungsbewusstsein ist die Frau (kicher!) dann als Lebensberaterin. „Nehmen Sie sich Zeit für Spaß im Leben: eine Runde Dart, den Besuch einer glamourösen Travestieshow.“ Sie selber glaubt felsenfest an sich: „Eines Tages werde ich die Carmen Nebel von Neukölln sein.“ Diesem Bezirk bleibt wirklich nichts erspart. Humana, übernehmen Sie.

— Jutta Hartmann: Futschi Envogue. Die besten Lifestyletipps aus Neukölln. Zitty Verlag, 66 S., 9,90 €. Donnerstag, 20 Uhr, ist Buchpremiere im Heimathafen Neukölln, Karl-Marx-Str. 141, Eintritt: 8 €.

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