
© Georg Weishäupl / Bearbeitung: Tagesspiegel
Neuköllner Kiezkneipe in Gefahr : „Peppi Guggenheim“ kämpft um Existenz
60.000 Euro hat eine Neuköllner Kiezkneipe nach einer Steuerprüfung nachzahlen müssen. Spenden und Soli-Konzerte retten das Peppi Guggenheim. Doch die Zukunft ist weiter ungewiss.
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Großzügigkeit zahlt sich aus – sagt man zumindest. Bei Georg Weishäupl, dem Betreiber des Peppi Guggenheim, einer Kiezkneipe in der Weichselstraße, war es anders: Dass er gern und häufig Freibier an Stammgäste, Musiker und Helfer verteilte, kostete ihn 60.000 Euro.
Denn so viel musste er dem Finanzamt nach einer Steuerprüfung nachzahlen. Das Amt berief sich bei seinen Berechnungen auf den Bierschwund. „Hätte einer meiner Mitarbeiter mir nicht 30.000 Euro geliehen, wäre der Laden jetzt zu“, sagt er. Wie ein Wunder sei diese Hilfe für ihn gewesen. Bei einem Soli-Festival Anfang Juli wurden Spenden für die Kneipe gesammelt, bei dem 3000 Euro zusammenkamen. Zudem gibt es einen Spendenlink.
Für mich ist die Kneipe ein wunderschönes Verhängnis.
Georg Weishäupl, Betreiber des Peppi Guggenheim
„Ohne meine Mitarbeiter gäbe diese Kneipe nicht“, sagt Weishäupl. Er sitzt auf einem der Holzstühle seiner Kneipe, die er 2009 eröffnet hat. Parallel zum Kneipenbetrieb betreibt er in derselben Straße einen Käseladen sowie mehrere Stände auf Wochenmärkten. Jede Nacht am Tresen steht Weishäupl schon lange nicht mehr. „Für mich ist die Kneipe ein wunderschönes Verhängnis“, sagt er.

© Masha Slawinski
An den Wänden der Kneipe hängen Poster, Bilder und Plakate. Es riecht nach Zigarettenrauch der vergangenen 16 Jahre. In der Nähe des Tresens befindet sich der Bühnenbereich – dort geben Musiker*innen an den Wochenenden kostenlose Konzerte.
Kieztreff für alle
„Das lieben die Musiker so, weil die spielen so direkt – also in Aug in Aug und Ohr an Ohr mit dem Publikum“, sagt Weishäupl. Unter der Woche legen DJs auf. Um das Kulturprogramm langfristig zu sichern, denkt Weishäupl inzwischen darüber nach, einen Verein zum Erhalt der Kultur des Peppi Guggenheim zu gründen.
Das Besondere am Peppi Guggenheim: Hier kommen Jung und Alt zusammen. „Mir ist eine offene und tolerante Stimmung wichtig – egal, ob man jetzt von einem Immobilientermin mit Krawatte reinkommt. Wenn man sich normal verhält und nicht dumm redet oder so, kann man sich hier niederlassen“, sagt er.
Bis auf ein paar Ausnahmen sei jeder Abend in der Bar für Weishäupl der schönste Abend. „Leider gibt es in der Gegend in Bars gerade wieder ein wenig mehr Diebstahl und Aggressivität, sagt Weishäupl. Die weinenden Menschen, denen ihre Sachen geklaut wurden, zu beruhigen, gehöre zu den weniger schönen Aufgaben.

© Masha Slawinski
Erst kürzlich wurde eines der Bullaugen im Hinterraum des Peppi Guggenheim, dem sogenannten U-Boot, eingeschlagen. Solche Erfahrungen seien unangenehm: „Doch dass mal jemand randaliert, gehört nicht zum Alltag in der Kneipe dazu“, sagt er.
Auch wenn das Bestehen des Peppi Guggenheim fürs Erste gesichert ist – wirklich gewiss ist der Fortbestand der Kneipe nicht. Dass alles teurer wird, merkt Weishäupl am Kaufverhalten der Gäste. „Inzwischen merkt man einfach, dass die jungen Leute – die alle so viel mehr Miete zahlen – sparen“, sagt er. Sie würden eher im Späti vorglühen und weniger trinken.
Auch er selbst habe die Preise anheben müssen. Mit der Miete habe das aber nichts zu tun: Mit seinem Vermieter, das skandinavische Immobilienunternehmen Heimstaden, habe er bislang keine größeren Probleme gehabt. „Dass das Haus jetzt einem der größten Wohnungsunternehmen in Europa gehört, war zum Glück nicht das größte Problem. Ich konnte einen neuen Mietvertrag abschließen“, sagt er.
Es sind Orte wie das Peppi, die einen Kiez lebendig halten. Zumindest zum jetzigen Zeitpunkt sieht es so aus, als könne das Peppi Guggenheim ein Ort für alle bleiben.
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