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Schmuckstück. Der U-Bahnhof Jungfernheide ist eine der 18 Stationen, die neuerdings unter Denkmalschutz fallen.

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Bauwerke der 1960er bis 80er Jahre: Noch mehr Berliner U-Bahnhöfe unter Denkmalschutz gestellt

Als typische Bauwerke dieser Zeit sollen sie erhalten bleiben. Totalumbauten, wie sie die BVG in jüngster Zeit vorgenommen hat, sind jetzt nicht mehr möglich.

Denkmalschutz im Untergrund: Das Landesdenkmalamt hat jetzt 13 weitere U-Bahnhöfe der BVG unter Schutz gestellt. Die neu in die Liste aufgenommenen Stationen sind nicht einmal uralt – sie wurden meist zwischen 1960 und 1980 gebaut. Als typische Bauwerke dieser Zeit sollen sie erhalten bleiben. Totalumbauten, wie sie die BVG in jüngster Zeit vorgenommen hat, sind dadurch nicht mehr möglich. Insgesamt stehen damit 101 der 173 U-Bahnhöfe unter Denkmalschutz. Weitere – vor allem auf dem östlichen Abschnitt der U 5 – sollen als Vertreter des Bauens in der DDR dazukommen.

Selbst im fernen Wien freut sich Ralf Liptau über den Berliner Schritt. Als Mitglied der Initiative Kerberos hat er sich zusammen mit Architekturprofessoren aller vier Berliner Universitäten seit zwei Jahren für die Aufnahme der Bahnhöfe aus den 1960er und 1970er Jahren in die Denkmalliste eingesetzt.

Die meisten dieser Stationen hatte der langjährige Hausarchitekt der Senatsbauverwaltung, Rainer G. Rümmler, entworfen. Sieben seiner Stationen auf dem westlichen Abschnitt der U 7 von Rohrdamm bis Rathaus Spandau waren bereits im vergangenen Jahr unter Schutz gestellt worden. Zuvor waren bereits die Bahnhöfe Fehrbelliner Platz und Schloßstraße – einschließlich Bierpinsel und Joachim-Tiburtius-Brücke als Denkmal eingestuft worden.

Im 1974 eröffneten Bahnhof Schloßstraße, den die ICC-Architekten Ursulina Schüler-Witte und Ralf Schüler entworfen haben, hatte die BVG damals aber schon mit Umbauarbeiten begonnen, die noch nicht abgeschlossen sind. Komplett umgestaltet hat die BVG auch andere Stationen der Nachkriegszeit – wie etwa die Bahnhöfe Blaschkoallee und Rudow im Neuköllner Abschnitt der U 7. Am Rathaus Steglitz der U 9 und im Bahnhof Bismarckstraße der U 2 und U 7 laufen die Arbeiten noch.

Die Kritiker bezeichnen diese Umbauten nicht nur als unsachgemäß, sondern als „geradezu lieblos der Stadt und ihrer Geschichte gegenüber“, wie der Architekturhistoriker Frank Schmitz es formulierte. Mit der Umgestaltung sei Berlins „einzigartiges baukulturelles Erbe der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ganz akut gefährdet und außerdem ein herausragendes Geschichtszeugnis zerstört worden“, sagte Liptau.

Für manche Stationen ist der Schutz nicht möglich

Die BVG begründet ihr Vorgehen unter anderem mit neuen Vorschriften beim Brandschutz. Außerdem wolle sie die Stationen heller machen. Zum Teil müssten auch asbesthaltige Platten ausgebaut werden. Auch bei den Stationen, die unter Schutz stehen, habe man mit den Denkmalschützern vereinbart, dass der Einbau von Aufzügen oder ein besserer Brandschutz weiter möglich seien, sagte BVG-Sprecherin Petra Reetz.

Für einige Stationen ist ein Schutz aber gar nicht mehr möglich. Schon vor Jahren hat die BVG im Bahnhof Yorckstraße der U 7 die für die Bauzeit typischen orangefarbenen Fliesen abschlagen lassen, weil sie lose gewesen seien. Auch im Bahnhof Adenauerplatz ist die Wandverkleidung zum Teil bereits entfernt.

Weiter vorbereitet wird nach Angaben der Senatskulturverwaltung der Denkmalschutz für die zu DDR-Zeiten entstanden Bahnhöfe der U 5 zwischen Tierpark und Hönow. „Im Vergleich zu den zeitgenössischen U-Bahn-Bauten in West-Berlin bringen die Bahnhöfe die wirtschaftlichen, bautechnischen und ideologischen Bedingungen in der DDR zum Ausdruck“, hatte Kulturstaatssekretär Torsten Wöhlert bereits vor gut einem Jahr erklärt. Sie seien damit Zeugnisse des „doppelten Berlins“, der Konkurrenz der beiden ehemaligen Halbstädte.

Gegen eine Unterschutzstellung auch dieser Bahnhöfe gebe es keinen Widerstand der BVG, sagte der Sprecher der Kulturverwaltung, Daniel Bartsch. Intern ist die Absicht nach Tagesspiegel-Informationen aber umstritten. Die Bauwerke zeigten vor allem die DDR-Mangelwirtschaft, heißt es bei den Gegnern des Denkmalschutzes für diese Stationen. Hätte man können, hätte man ganz anders gebaut.

Ein Argument, das Liptau nicht gelten lässt: „Die Unterschutzstellungen auf der U 5 sind unbeachtet von baukünstlerischen Fragen unbedingt nötig, weil sonst erstens ein sehr schiefes Bild entsteht, wonach im besagten Zeitraum nur in West-Berlin U-Bahnhöfe entstanden wären. Außerdem würde man eine ganz herausragende Besonderheit des Berliner Netzes unter den Tisch fallen lassen – die des doppelten Erbes.“ In keiner anderen Stadt weltweit könne man mit einem einzigen Nahverkehrsticket von einer Weltordnung zur anderen fahren.

Für eine DDR-Station auf dieser Linie käme der Schutz auf jeden Fall zu spät: Der Bahnhof Neue Grottkauer Straße ist zur Internationalen Gartenausstellung 2017 aufwendig umgebaut worden und hat mit Kienberg (Gärten der Welt) auch gleich einen neuen Namen erhalten.

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