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Berlin: Nur wenige Türken wollen deutschen Pass Piening erwartet weiter sinkende Einbürgerungen

Berlins Integrationsbeauftragter kritisiert die gerade von Bundesregierung und Bundesrat beschlossenen Verschärfungen im Zuwanderungsrecht. Sie werden sich „mit Sicherheit negativ auf die Einbürgerungszahlen auswirken“, sagte Günter Piening.

Berlins Integrationsbeauftragter kritisiert die gerade von Bundesregierung und Bundesrat beschlossenen Verschärfungen im Zuwanderungsrecht. Sie werden sich „mit Sicherheit negativ auf die Einbürgerungszahlen auswirken“, sagte Günter Piening. Er kritisiert die Regelungen beim Ehegattennachzug, bei den Sprachkenntnissen und den jetzt von Jugendlichen zwischen 16 und 23 Jahren geforderten Nachweis, dass sie selbst ihren Lebensunterhalt bestreiten können.

Seit der Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes im Jahr 2000 ist die Zahl der Neueingebürgerten sowieso schon drastisch gesunken. Den stärksten Einbruch gab es bei den Migranten türkischer Herkunft. Waren es 1999 noch 7398, verzeichnet die aktuelle Statistik von 2006 nur noch 2350 Neubürger mit türkischer Herkunft in Berlin. Piening führt dies vor allem auf den Wegfall der doppelten Staatsbürgerschaft zurück. „Gerade für die Arbeitsmigranten der ersten Generation ist die Aufgabe der türkischen Staatsbürgerschaft das größte Einbürgerungshemmnis.“

Seit vergangenem Jahr zeichne sich laut Piening in Berlin jedoch eine „Trendwende“ ab. Entgegen dem Bundestrend stieg die Gesamtzahl der Einbürgerungen um 15 Prozent, nämlich von 7097 Neueingebürgerten im Jahr 2005 auf 8186 im Jahr 2006. Bei allen Bevölkerungsgruppen ist der Anteil etwas gestiegen, bei den Vietnamesen etwa von 91 auf 157. Mit 233 Einbürgerungen stieg erstmals auch wieder die Zahl der Neubürger aus türkischen Familien. Kenan Kolat, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland, sieht aber noch keine Trendwende: „Die statistische Zunahme hängt lediglich mit der offensiven Aufarbeitung liegengebliebener Anträge zusammen.“ Dem stimmt der Integrationsbeauftragte teilweise zu. Ende 2004 schoben die Berliner Bezirke rund 25 000 unbearbeitete Anträge vor sich her. Dass die Anträge im vergangenen Jahr schneller abgearbeitet wurden, sei Teil „Einbürgerungsoffensive“ des Senats, sagt Piening.

Dass nach wie vor nur wenige Türken den deutschen Pass haben wollen, hält Werner Schiffauer, Ethnologe an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) für eine Folge von „institutioneller Diskriminierung“ und einer „Abwehrhaltung gegen Muslime in Deutschland“. Dies führe zum Gefühl „hier nicht willkommen zu sein“. Ein Grund sei auch die hohe Arbeitslosenquote bei den ehemaligen Arbeitsmigranten, sagt Kenan Kolat. „80 Prozent der türkischen Bevölkerung in Deutschland sind bildungsfern und einkommensschwach.“ Um Deutscher zu werden, muss man ein eigenes Einkommen nachweisen. Sandra Stalinski

Sandra Stalinski

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