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Im Partybezirk Friedrichshain-Kreuzberg fällt nicht nur nach dem „Myfest“ jede Menge Abfall an.

© Paul Zinken/dpa

Neues Müllkonzept für Friedrichshain-Kreuzberg: Partybezirk will sauber werden, ohne groß aufzuräumen

Friedrichshain-Kreuzberg möchte „Zero Waste“-Bezirk werden, ohne den Müll aus Straßen und Parks öfter zu entfernen. Wie soll das gehen?

In Friedrichshain-Kreuzberg wird wohl weiterhin viel Müll auf der Straße liegen, obwohl der Bezirk 60.000 Euro für ein Konzept ausgegeben hat, das ihn müllfrei machen soll. Friedrichshain-Kreuzberg soll aber „Zero Waste“-Bezirk werden, am Donnerstag stellte die Umweltstadträtin Clara Herrmann (Grüne), das Konzept dazu offiziell vor. Es entstand zusammen mit dem Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND), der Grünen Liga und dem Stadtentwicklungsverein Circular Berlin. Vier Monate hat das gedauert .

Das Konzept enthält 37 Vorhaben, die bis 2024 umgesetzt werden könnten. Im laufenden und im nächsten Jahr will der Bezirk aber nur sechs davon verwirklichen. Und bei keinem wird Müll entfernt, der bereits auf der Straße liegt, stattdessen geht es ums Vermeiden von Abfall. Mehr Personal fürs Ordnungs- oder Grünflächenamt soll es auch nicht geben.

Einweggrills werden ab diesem Sommer verboten

Ab dem Sommer sollen zumindest Einweggrills in den Parks verboten werden. Am Montag hatte Herrmann noch gesagt, ein Verbot solle es nur geben, wenn Alternativen bereit stünden, wie mietbare Grills. Doch am Donnerstag sagte sie nun, das Verbot werde auf jeden Fall kommen, auch wenn es noch keine Alternativen gibt. Überwachen sollen das die vorhandenen Parkläufer des Bezirks. Sie würden Leute, die verbotenerweise mit Einweggrills darauf hinweisen, zur Not gebe es ein Bußgeld, sagte Herrmann. „Aber wir wollen nicht, dass hinter jedem Baum einer steht und ‚du, du, du!‘ sagt.“

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Nächstes Jahr müssen dann die Organisatoren von großen Veranstaltungen wie dem Karneval der Kulturen ein Müllvermeidungskonzept vorlegen. Was in genau darin stehen muss, sei jedoch noch nicht klar. Fest steht nur: kein Konzept, keine Veranstaltung.

Mit der Tupperdose das Essen holen

Noch 2020 will Herrmann einen Kiez finden, der „Zero-Waste-Nachbarschaft“ werden will. Dort sollen Bürger und Gewerbetreibende gemeinsam Ideen entwickeln und umsetzen, weniger Abfälle zu machen. Lokale könnten nach den Vorstellungen der Stadträtin etwa Rabatte anbieten, wenn jemand eine Tupperdose mitbringt, um das Essen abzuholen. Vorbild für das Konzept ist eine Straße in Paris. Herrmann hat dafür den Kiez am Boxhagener Platz und einen am Ostkreuz im Auge. Beide gehören zu zwölf „Müll-Hotspots“ des Bezirks, also Bereichen mit sehr hohem Müllaufkommen.

Weniger Abfall auf Wochenmärkten

Auch die Wochenmärkte sollen nachhaltiger werden - und voneinander lernen. Nach Herrmanns Angaben erzeugt der Markt am Boxhagener Platz fast fünf mal so viel Müll erzeugt wie der Ökomarkt am Chamissoplatz. Das liege vor allem am Einweggeschirr, was Herrmann aber nicht verbieten will - anders als etwa Charlottenburg-Wilmersdorf. Der Bezirk habe „semi-positive“ Erfahrungen damit gemacht.

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Weitere Ideen gegen Müll: Große Zigarettenmülleimer, so genannte „Ballot Bins“, sollen Raucher anregen, ihre Kippen nicht auf den Boden zu werfen. Zudem soll es mehr leihbare Gegenstände geben, um Neukäufe zu vermeiden. Dazu würden Nähmaschinen angeschafft - künftig zu haben in Stadtbibliotheken.

Ziele des Bezirks sind vage

Konkrete Termine gibt es erst einmal nicht. Eine Evaluation sei aktuell nicht geplant, sagte Herrmann. Messen kann der Bezirk den Erfolg auch nicht, weil keiner weiß, wie viel Müll überhaupt herumliegt. Auf die Frage, was für sie als Erfolg gelte, sagte die Stadträtin, „wenn viele Friedrichshain-Kreuzbergerinnen zufrieden sind.“ Vage auch die Angabe, wie der Bezirk erreichen will, dass täglich nicht mehr 42.000 Plastik- und Pappbecher im Müll landen. Herrmann verwies auf den Ökomarkt am Chamissoplatz, wo es nur noch Keramiktassen gebe. Allerdings verkaufen vor allem Cafés und Spätis solche Wegwerfbecher. Ein anwesender Vertreter des BUND sagte, es gebe ja auch schon Mehrwegbecher-Konzepte, auch im Bezirk. Private Firmen wie ReCup bieten mietbare Bambusbecher an, die in verschiedenen Cafés abgegeben werden können. Doch eine Zusammenarbeit mit diesen Firmen plant der Bezirk aktuell nicht.

SPD: Pflicht ist, Straßen sauber zu halten

Teile der Opposition im Bezirk kritisieren, dass die Reinigung der Straßen nicht Teil des Konzepts sei. „Prävention ist das wichtigste“, sagte die SPD-Abgeordnete Hannah Lupper, die im Umweltausschuss sitzt, dem Tagesspiegel. Das Konzept sei sei gut, aber der Bezirk setze „immer wieder die Kür vor die Plicht“. Dem Ausschuss wird das Konzept laut Lupper am 16. Januar vorgestellt.

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