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An einem Pkw am Tatort wurden Spuren gesichert, nach dem ein Mann durch Schüsse getötet wurde.

© dpa/Michael Ukas

Exklusiv

Plan gegen Schießereien unter Banden: Berlins Innensenatorin will Telefonüberwachung bei illegalem Waffenbesitz erlauben

Hunderte Beamte sind im Einsatz: Mit der Soko „Ferrum“ setzt die Polizei kriminelle Banden unter Druck. Doch Ermittlern sind beim Fund illegaler Waffen oft die Hände gebunden. Hilft nun der Bund?

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Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) drängt im Kampf gegen die zunehmenden Schießereien krimineller Banden auf mehr Befugnisse für die Ermittlungsbehörde. Dazu zählt die Telefonüberwachung von Personen, bei denen eine illegale Waffe gefunden wird.

Bei der Innenministerkonferenz Anfang Dezember in Bremen will Spranger einen Antrag einbringen, um „weitergehende Ermittlungsmöglichkeiten rechtlich zu verankern“, wie die Senatorin dem Tagesspiegel sagte. Die Justizministerkonferenz soll einbezogen werden. Ziel ist es, eine Verschärfung von Bundesgesetzen zu erreichen.

„Bei einem bloßen Besitz von illegalen Waffen muss der Weg für weiterführende Maßnahmen wie zum Beispiel Telekommunikationsüberwachung zur Aufklärung der Handelswege und zur Zerschlagung der Handelsstrukturen geebnet werden“, sagte Spranger. Bisher richteten sich die Ermittlungen zur Herkunft von sichergestellten Schusswaffen gegen unbekannt.

Aus Soko „Park“ wird Soko „Ferrum“

Im Oktober hatte wegen der vermehrten Schießereien die Soko „Park“ aus Beamten der Landespolizeidirektion und des Landeskriminalamts (LKA) ihre Arbeit aufgenommen. Sie konnte bereits neun Pistolen und eine Maschinenpistole beschlagnahmen.

Seit vergangenem Donnerstag wurde sie von der erweiterten Soko „Ferrum“ abgelöst, Ferrum ist der lateinische Begriff für Eisen. Die neue Soko soll verstärkt Verbundeinsätze starten, um illegale Waffen aus dem Verkehr zu ziehen. Dazu zählt verstärkter Raumschutz in der Stadt, aber auch eine stärkere Verkehrsüberwachung. Hunderte Beamte seien im Einsatz, hieß es.

Es gehe darum, den Handel mit Waffen zu stören und abzustellen. Für Kontrollen von Kneipen und Verkehrskontrollen sei eine Zahl von Polizisten im mittleren dreistelligen Bereich unterwegs, sagte Polizei-Vizepräsident Marco Langner.

Bei der Prüfung der Rechtslage zu ihren Ermittlungen ist den Experten des LKA dabei eine entscheidende Lücke aufgefallen. Wird bei einer Person eine Schusswaffe gefunden, die sie illegal besitzt, und liegen keine anderen Straftaten wie etwa Erpressung vor, dann kann die Polizei kaum etwas tun, um den Verkäufer der Waffe zu ermitteln.

Allein der Besitz einer illegalen scharfen Schusswaffe sagt viel über den Träger und dessen Gewalt- bis hin zur Tötungsbereitschaft aus.

Iris Spranger (SPD), Senatorin für Inneres und Sport.

In der Innenverwaltung wird das an einem Beispiel erläutert: Wenn ein Mann mit einer Pistole auf ein Café schießt, bleiben am Ende nur Sachbeschädigung und ein Verstoß gegen das Waffengesetz, wenn sonst nichts anderes vorliegt. Dann wird gegen eine unbekannte Person ermittelt, die dem Schützen die Waffe vermacht hat. Der Schütze verrät zumeist den Verkäufer nicht.

Um nachhaltig gegen den Waffenhandel vorzugehen, sollen nach dem Willen Berlins die Gesetze verschärft werden. Konkret geht es um das Waffengesetz und die Strafprozessordnung. Ziel ist es, Telefonüberwachung – im Fachjargon Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) – zu ermöglichen. Dafür reicht es bislang nicht, mit einer illegalen Schusswaffe erwischt zu werden.

Polizei will die Lieferwege ausfindig machen

„Allein der Besitz einer illegalen scharfen Schusswaffe sagt wohl viel über den Träger und dessen Gewalt- bis hin zur Tötungsbereitschaft aus“, sagte Innensenatorin Spranger dem Tagesspiegel. „Für eine wirksame und nachhaltige Bekämpfung der Schusswaffenkriminalität sind die Aufklärung der Lieferwege sowie die Unterbindung der Herstellung dieser Waffen unabdingbare Voraussetzungen.“ Dafür müssten die Ermittlungsmöglichkeiten gestärkt werden.

Berlins Innensenatorin Iris Spranger.

© dpa/Britta Pedersen

Die Innenverwaltung erhofft sich, bei der Überwachung erwischter Waffenbesitzer auf Händler zu stoßen und so jenes Netz aufzudecken, das die Banden mit Pistolen und anderen Schusswaffen versorgt.

„Die Sicherheit und der Schutz der Menschen in Berlin hat für mich oberste Priorität“, sagte Spranger. Deshalb müssten die Verfügbarkeit von illegalen Schusswaffen eingedämmt und die Quellen ausgetrocknet werden.

In den vergangenen Monaten kam es immer wieder zu Schüssen und Schusswechseln, die die Polizei als Auseinandersetzungen und Revierkämpfe zwischen Banden einordnete. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sprach von verstärkten Rivalitäten im Bereich der organisierten Kriminalität.

Es gebe eine wachsende Tendenz, Konflikte mit Waffengewalt auf der Straße zu klären. „Wir müssen auch festhalten, dass wir eine stadtweit zu beobachtende Durchbewaffnung der Akteure erleben“, sagte GdP-Sprecher Benjamin Jendro. Das neue Vorgehen der Polizei dagegen sei ein ganzheitlicher Ansatz, „um die Szene massiv unter Dampf zu halten“ und zu verhindern, dass ein Bandenkrieg entflammt.

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