
Wegen Rattenplage am Oranienplatz: CDU-Flugblattaktion vor Camp provoziert Protest
Die Regierungspartei fordert Anwohner auf, den Kreuzberger Oranienplatz "aus Sicherheitsgründen zu meiden". Begründet wird das mit Ratten. Tatsächlich geht es jedoch um die Flüchtlinge - und um wechselseitige Vorwürfe in viele Richtungen.
Der Kreuzberger CDU-Abgeordnete Kurt Wansner hat am Freitag auf dem Oranienplatz bei den Zelten des Flüchtlingscamps Flugblätter verteilt. Darin wurde auf Deutsch und Türkisch vor Seuchengefahren und vor Ratten gewarnt. Bei den Anwohnern stieß die Aktion auf eine gemischte Reaktion, einige nahmen das Blatt, andere warfen es sofort auf dem Boden.
Da die Aktion zuvor über das Internet bekannt geworden war, kamen auch einige linke Aktivisten zum Pöbeln. Zivilpolizisten kontrollierten die Personalien eines jungen Mannes, der den CDU-Politiker beschimpft und mit Cola bespritzt hatte. Wansner verzichtete jedoch auf eine Anzeige. Nach etwa einer Stunde brach Wansner, der von einigen türkischstämmigen Parteimitgliedern begleitet wurde, das Verteilen ab. In dem Flugblatt werden Anwohner aufgefordert, den Oranienplatz "aus Sicherheitsgründen zu meiden".
"Wansner ist unverbesserlich"
Der CDU-Abgeordnete wirft der grünen Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann Untätigkeit vor: "Sie ist nicht nur Bürgermeisterin für Flüchtlinge und Besetzer, sondern für alle Kreuzberger". Wansner fordert bekanntlich seit langem die sofortige Räumung des Camps auf dem Platz und der besetzten Schule in der Ohlauer Straße.
Wie berichtet, hat das Gesundheitsamt des Bezirks kürzlich festgestellt, dass auf dem Platz und auch unter den Flüchtlingszelten Ratten leben und Rattenkot zu finden sei. Die Polizei hatte das Amt um diese Einschätzung gebeten. Nun sollen Polizisten bei Einsätzen im Flüchtlingscamp Gummihandschuh tragen, um sich gegen Infektionen zu schützen. Die Aktion von Wansner am Freitag ist dem Vernehmen nach nicht bei der Polizei angemeldet worden.
Auf Twitter und Facebook stieß Wansners Aktion noch vor Beginn auf Kritik. Der Linken-Abgeordnete Hakan Tas sagte: "Wansner ist unverbesserlich". Die Piraten twitterten: "Um 14.00 Uhr will Kutte Wansner mit Hetzflyern auf dem Oranienplatz rumstehen. Will bestimmt über Asylpolitik reden."
2009 hatte Wansner sich mit dem Polizeipräsidenten angelegt, als dieser eine von Wansner geplante Demonstration am 1. Mai in Kreuzberg verboten hatte, um Auseinandersetzungen mit der linken Szene zu vermeiden. Der damalige Polizeipräsident Dieter Glietsch hatte das Ansinnen schriftlich als "nicht genehmigungsfähig" zurückgewiesen und angekündigt, die Veranstaltung gegebenenfalls zu unterbinden. Dieses Verbot hatte ein politisches Nachspiel im Abgeordnetenhaus zur Folge. Letztlich sagte Wansner die CDU-Demo kurzfristig aus Sorge vor Angriffen dann doch ab. Auch am Freitag erschien nach einer Viertelstunde eine Funkstreife, um Wansner zu fragen, ob "er Probleme hat".