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Schirmherrschaft. Welche Bilder der 1150 Kameras in U-Bahnhöfen live auf den Monitoren in der Sicherheitszentrale übertragen werden, entscheidet ein Zufallsgenerator. Alle Aufnahmen werden einen Tag lang gespeichert.

© Thilo Rückeis

Sicherheit auf U-Bahnhöfen: Kameraüberwachung: Bilder nach dem Zufallsprinzip

In der Sicherheitszentrale der BVG trifft ein Computer die Kamera-Auswahl. Die Zentrale ist aber keine Überwachungsstelle. So wurde dort auch der brutale Überfall im U-Bahnhof Lichtenberg nicht bemerkt.

Es ist fast wie im Lotto. 1150 Kameras übertragen Bilder aus den 173 U-Bahnhöfen der BVG in die Sicherheitszentrale. An sieben Arbeitsplätzen stehen jeweils fünf Bildschirme, und auf weiteren sechs großen Monitoren an der Wand flimmern ebenfalls Bilder. Dass die Mitarbeiter eine Straftat „live“ miterleben, ist trotzdem selten.

Erstens sei die U-Bahn generell sicher, sagt Frank Reichel, der Chef des Bereichs Sicherheit und Service bei der BVG. Auf der Straße passiere zehnmal so viel. Und zweitens sei die Sicherheitszentrale keine Überwachungsstelle, sondern für das Aufzeichnen der Aufnahmen vorgesehen. Die Livebilder sind gewissermaßen ein Nebenprodukt, nach einem Zufallsprinzip übertragen. Allerdings können die Mitarbeiter auch gezielt Kameras aktivieren, etwa bei Großveranstaltungen.

„Sie haben den Notruf gedrückt. Werden Feuerwehr oder Polizei benötigt?“ Diesen Standardsatz sagen die Mitarbeiter unzählige Male am Tag; 90 Prozent der Meldungen seien Fehlalarme, sagt Reichel. Die Mitarbeiter wissen schnell Bescheid, denn nach dem Drücken der Notruftaste – mindestens zwei Säulen gibt es in jeder Station – überträgt die auf die Säule eingestellte Kamera sofort Bilder von dort auf die Monitore in der Sicherheitszentrale. Ist tatsächlich etwas passiert, trifft nach Reichels Angaben innerhalb von maximal zehn Minuten Hilfe ein – von der Polizei, der Feuerwehr oder den rund 130 eigenen Sicherheitskräften. In der Zentrale sieht man sofort, welche BVG-Mitarbeiter in der Nähe sind. Zum Einsatz fahren sie mit Bahn oder Bus; sie dürfen aber auch ein Taxi nehmen.

Auch der brutale Überfall im U-Bahnhof Lichtenberg am 11. Februar, bei dem ein Mann lebensgefährlich verletzt wurde, war in der Zentrale nicht bemerkt worden. Die dort gespeicherten Aufnahmen wurden später von der Polizei ausgewertet und veröffentlicht. So konnten die jugendlichen Täter ermittelt werden. Viel Zeit zum Ansehen der Aufzeichnungen bleibt allerdings nicht. Die Bilder werden automatisch nach 24 Stunden gelöscht, wie es in Berlin gesetzlich vorgeschrieben ist. Schon häufig konnten Aufnahmen deshalb nicht mehr ausgewertet werden.

Warum Aufnahmen, die normalerweise nicht betrachtet werden, nur 24 Stunden und keine zwei Tage – wie beispielsweise bei der Bahn – gespeichert werden dürfen, ist auch Reichel nicht klar. Ein Versuch der BVG, die Frist zu verlängern, war vor zwei Jahren politisch gescheitert. Wären die Aufnahmen aus dem U-Bahnhof Lichtenberg auch schon gelöscht gewesen, wäre es erheblich schwieriger gewesen, die Tat aufzuklären.

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