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Reinickendorf: Vermummte greifen Rocker-Vereinsheim an

Nachdem Hells Angels und Bandidos noch kürzlich mit Brandsätzen, Pistolen und Schlagstöcken gegeneinander vorgegangen sind, war fast drei Wochen lang Ruhe. Bis heute. Vermummte griffen am Morgen ein Vereinsheim in Reinickendorf an.

Waffenstillstand zwischen Erzfeinden? Nachdem Hells Angels und Bandidos noch kürzlich mit Brandsätzen, Pistolen und Schlagstöcken gegeneinander vorgegangen sind, war fast drei Wochen lang Ruhe. Bis gestern. Anwohner in der Reinickendorfer Residenzstraße beobachteten am Dienstagmorgen zwei Vermummte, die einen Brandsatz auf das dortige Vereinsheim warfen – die Feuerwehr löschte die Flammen. Das Klubhaus gehört einer Rockergang, die in den vergangenen Wochen bundesweit Ärger provozierte. Die lokale Dependance der Bandidos, das Chapter „El Centro“, war Anfang Februar zum Erzfeind Hells Angels übergelaufen.

Einen Seitenwechsel eines ganzen Bataillons hatte es bisher nicht gegeben. Die Bandidos widersprachen aber Angaben von Ermittlern, wonach 70 Anhänger ihren Klub verlassen hätten. Durch das abtrünnige Chapter „El Centro“ habe man nur 15 Männer verloren. Seit dem Übertritt befürchten Kenner eine „Eskalation des Rockerkrieges“. In Berlin und Umgebung observieren Polizisten regelmäßig die Vereinshäuser der Motorradklubs.

Trotz der aufgeheizten Lage sollen die Bundesführungen der Rockergruppen vor knapp drei Wochen ein Stillhalteabkommen vereinbart haben – und zwar kurz nachdem ein Anhänger der Hells Angels bei Koblenz einen Elitepolizisten bei einer Razzia erschossen hatte. Der Anschlag vom Dienstag nährt nun Zweifel an den Friedensverhandlungen. Der Mitbegründer der deutschen Hells Angels, Rudolf „Django“ T., sagte dem Tagesspiegel: „Wir bestätigen nur, dass es Gespräche zwischen unseren Klubs gibt. In den kommenden Tagen werden wir dazu mehr sagen.“ Auch von den konkurrierenden Bandidos heißt es, von einem Waffenstillstand wisse man derzeit nichts. „Allerdings ist in den vergangenen zwei Wochen auch nichts passiert“, sagte Bandidos-Sprecher Micha R.

Zu dem Anschlag von Reinickendorf wollte sich in der Szene am Dienstag niemand äußern, die Polizei hat noch keine heiße Spur. Vor allem zwischen den Platzhirschen der Hells Angels und den Aufsteigern der Bandidos kommt es seit Jahren zu Revierkämpfen – 2009 gab es dabei bundesweit drei Tote und Dutzende Schwerverletzte. Beide Klubs können deutschlandweit bis zu 1000 Anhänger mobilisieren.

Polizeiverbände und Politiker fordern ein Verbot militanter Rockergruppen. Dafür plädieren vor allem der Bund Deutscher Kriminalbeamter, die Gewerkschaft der Polizei sowie Berlins Innensenator Ehrhart Körting und sein Amtskollege Karl-Peter Bruch (beide SPD) aus Rheinland-Pfalz. Bruch war oberster Dienstherr des bei Koblenz erschossenen Beamten. Hingegen warnt die Polizeigewerkschaft DPolG vor einem Verbot, da Rocker in der Illegalität ohne Kontrolle weitermachen könnten. Mitglieder der beiden bekanntesten Rockerklubs seien im Drogen- und Waffenhandel sowie als Schutzgeldeintreiber aktiv, sagen Ermittler. Die Rocker konkurrierten um die Kontrolle lukrativer Lokale – auch wenn es sich um Bordelle handele. Die Wohnung des Rockers bei Koblenz etwa sollte wegen des Verdachts von Rotlichtaktivitäten durchsucht werden.

Kürzlich ist der den Bandidos nahestehende Rockerklub Chicanos MC Barnim verboten worden. Gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts sind keine Rechtsmittel eingelegt worden. Bei einer Razzia im märkischen Rockermilieu sind vor zwei Wochen Messer und Macheten gefunden worden.

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