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Das LKA Niedersachsen hat gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft Verden ein Video von Burkhard Garweg veröffentlicht.

© LKA-NI

Update

Polizei veröffentlicht neues Video: Ex-Terrorist Garweg soll in Berlin gewohnt und Fotografenschule besucht haben

Auf der Suche nach den Ex-RAF-Terroristen hoffen die Ermittler auf neue Hinweise – und veröffentlichen Aufnahmen von Burkhard Garweg. Eine Belohnung von 125.000 Euro wurde ausgelobt.

Stand:

Mit einem neu entdeckten Handyvideo wollen die Ermittler auf die Spur des seit Jahrzehnten untergetauchten früheren RAF-Terroristen Burkhard Garweg kommen. Die Aufnahme zeige den Beschuldigten offenbar im Jahr 2020 auf einem Gelände mit Fahrzeugen, teilten das Landeskriminalamt (LKA) Niedersachsen und die Staatsanwaltschaft Verden mit.

Auf der kurzen Aufnahme sind die Stimme, Mimik und Gestik des Mannes zu erkennen, den die Ermittler für Garweg halten. „Ganz viel Erfolg morgen bei der Prüfung, liebe Karin“, sagt der Mann lächelnd im blauen Muskelshirt. Der heute 56-Jährige könnte den Behörden zufolge zahlreiche Verhältnisse zu Frauen gehabt haben. Das LKA bittet die Frauen, die eine Beziehung zu ihm hatten, sich zu melden.

Das neue Video sowie Fotos aus einem weiteren Video wurden am Abend in der Fernsehsendung „Aktenzeichen XY. Ungelöst“ gezeigt. Die Frau namens Karin, an die Garweg in dem Handyvideo eine Grußbotschaft richtet, werde als wichtige Zeugin gesucht, sagte Martin Schanz, Sprecher der Staatsanwaltschaft Verden in der ZDF-Sendung. Er verwies auch auf Garwegs auffällig Lücke zwischen den Schneidezähnen, die in dem Video zu sehen ist.

Für Hinweise, die zur Ergreifung von Garweg und Staub führen, seien Belohnungen von insgesamt bis zu 125.000 Euro ausgelobt, sagte Schanz. Hinweise können auch anonym gegeben werden. Das Landeskriminalamt warnt davor, die Gesuchten selbst anzusprechen, weil sie möglicherweise bewaffnet sind.

Garweg soll in Neukölln gelebt haben

Nach Angaben der Polizei wurde das Handyvideo bei der Auswertung von digitalen Asservaten entdeckt. Den Ermittlern zufolge soll Garweg von 2008 bis 2016 mit einer Lebensgefährtin in einer Wohnung in Berlin-Neukölln gelebt haben. Danach sei er auf ein Gelände am Markgrafendamm gezogen, wo er in einem Bauwagen gelebt haben soll. Immer wieder soll der Ex-Terrorist auch in Hamburg gewesen sein.

Das Bild zeigt mutmaßlich Burkhard Garweg in einer Hildesheimer Wohnung.

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Man gehe davon aus, dass Garweg sich weiterhin in Deutschland aufhält „und über einen erheblichen Unterstützerkreis in der linken Szene verfügt“, hieß es. In diesem Zusammenhang seien auch ehemalige RAF-Terroristen vernommen worden.

Wie die Behörde außerdem mitteilte, soll Garweg während seiner Zeit in Berlin eine Fotografenschule besucht haben. Die Ermittler hielten es für wahrscheinlich, dass er zumindest zeitweise als Fotograf gearbeitet haben könnte, hieß es. Auch hierzu erhoffen sich Fahnder Hinweise aus der Bevölkerung.

Fotos aus Hildesheimer Wohnung veröffentlicht

Veröffentlicht wurden auch Fotos, die mutmaßlich Burkhard Garweg im Januar 2016 in einer Hildesheimer Wohnung zeigen sollen. Die Wohnung sei für Vorbereitungshandlungen benutzt worden, hieß es. Auf den Bildern ist Garweg in der Spiegelung eines Fensters zu sehen.

Seit 2015 ermittelt die Staatsanwaltschaft Verden gegen Daniela Klette, Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg wegen versuchten Mordes sowie versuchten und vollendeten schweren Raubes in mehreren Fällen. Sie sollen Geldtransporter und Supermärkte in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen überfallen haben, um ihr Leben im Untergrund zu finanzieren.

Ermittler werfen dem Trio weitere Überfälle vor

Inzwischen werden dem Trio weitere Straftaten vorgeworfen, wie die Staatsanwaltschaft Verden und das LKA Niedersachsen mitteilten.

Die drei Beschuldigten sollen 2014 in Elmshorn (Schleswig-Holstein) und 2015 in Osnabrück (Niedersachsen) die Kassenbüros von Einkaufsmärkten überfallen haben. Garweg und Staub sollen zudem 2009 auch in Löhne-Ulenburg (Nordrhein-Westfalen) einen Einkaufsmarkt überfallen haben. Insgesamt sollen die beiden früheren RAF-Mitglieder für 13 Taten mit einem Gesamtschaden von mehr als 2,7 Millionen Euro verantwortlich sein.

Gegen das Trio wird wegen versuchten sowie vollendeten schweren Raubes sowie wegen versuchten Mordes ermittelt. Auch erpresserischer Menschenraub wird ihnen vorgeworfen. Daniela Klette wurde Ende Februar dieses Jahres in Berlin-Kreuzberg festgenommen, wo sie unter falschem Namen lebte.

Bei den Durchsuchungen in Berlin fanden die Polizisten unter anderem die Attrappe einer Handgranate, Waffen, Handfesseln, Sturmhauben, ein Kilogramm Gold, mehr als 240.000 Euro Bargeld, digitale Medien sowie Fotos. Die Polizei beschlagnahmte kurz nach Klettes Festnahme auch den Bauwagen in Friedrichshain, wo Garweg unter dem Decknamen Martin gelebt haben soll. Klette sitzt im Frauengefängnis in Vechta in Untersuchungshaft.

Klette bestritt Mitte August in einem Statement, Mordversuche begangen zu haben, und sprach von staatlicher „Denunziation“ und „Medienhetze“ gegen sich sowie gegen Garweg und Staub. Gegen das Trio bestehen nach früheren Angaben auch Haftbefehle wegen des Verdachts der Beteiligung an Terroranschlägen.

Klette, Garweg und Staub gehörten der sogenannten dritten Generation der linksextremistischen Roten Armee Fraktion (RAF) an. 1998 erklärte sich die RAF, die mehr als 30 Menschen tötete, für aufgelöst. 

LKA veröffentlicht gefälschte Ausweisdokumente

Das LKA veröffentlichte am Mittwoch auch gefälschte Ausweisdokumente, die möglicherweise zur Anmietung von Wohnungen in Tatort-Nähe genutzt wurden. „Es besteht der Verdacht, dass Daniela K. sich als Sarah (Tat in Stuhr) und Lucia (Tat in Hildesheim) ausgegeben und hierbei zur Anmietung möglicherweise gefälschte Ausweisdokumente vorgelegt haben könnte“, hieß es. Gesucht werden jetzt die damaligen Vermieter.

Die Ermittler haben gefälschte Ausweisdokumente veröffentlicht.

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Bei der Fahndung nach Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg wertet das LKA nach eigenen Angaben eine Vielzahl von Beweismitteln aus. Die digitaleren Spuren umfassten zuletzt 17 Terrabyte – das entspreche ausgedruckt bis zu 86 Milliarden DIN A4 Seiten, hieß es von der Polizei.

Mehrere Männer irrtümlich für Garweg gehalten

In den vergangenen Monaten waren mehrfach Personen überprüft worden, die irrtümlich für Garweg oder Staub gehalten worden waren. Das Bundeskriminalamt fahndet bisher unter anderem mit einem Foto nach Garweg, das ihn mit zwei Hunden zeigt und das in Klettes Wohnung gefunden worden war.

Das Bundeskriminalamt fahndet bisher unter anderem mit einem Foto nach Garweg, das ihn mit zwei Hunden zeigt.

© dpa/---

Die Ermittler waren dem 56-Jährigen bereits dicht auf den Fersen. Kurz nach der Festnahme von Klette beschlagnahmten sie in Berlin-Friedrichshain den Bauwagen, in dem Garweg den Ermittlungen zufolge unter dem Tarnnamen Martin gelebt hatte. (Tsp, dpa)

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