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Premierenfeier von „Gerry Star“ in Berlin : Diese Serie riecht nach 80er-Jahre-Unterhaltung
Berliner Schauspielstars wie Andrea Sawatzki oder Ben Becker sind Teil einer neuen Mockumentary. Eine prominente Besetzung allein reicht aber nicht.
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Zum Auftakt von Film- und Fernsehproduktionen werden manchmal Premieren gefeiert und manchmal beschränken sich Organisatoren auf Pressevorführungen. Letztlich geht es bei beiden Veranstaltungen um dasselbe Ziel: Aufmerksamkeit generieren. Mit dem Unterschied, dass bei der ersten Variante auch die an der Produktion Beteiligten, inklusive Stars und Sternchen, mehr oder weniger öffentlich auf ihre getane Arbeit anstoßen können.
Im Falle der neuen „Amazon Prime“-Serie „Gerry Star“ wollte oder konnte man sich offenbar nicht entscheiden, welcher Auftakt der effektivere ist und lud zum „Special Screening“ ein. Was auch immer das zu bedeuten hatte. Als Location diente das neue, noch nicht ganz fertige Multifunktionsgebäude „AchtBerlin“ an der Schönhauser Allee in Mitte. Dass selbiges zwischen Konferenzsälen auch über einen klitzekleinen Kinoraum verfügt, war wohl der ausschlaggebende Grund. Glamouröser geht natürlich immer.
Die Stars der Serie ließen sich trotzdem blicken. Dazu gehören immerhin altgediente Leinwandgrößen wie Andrea Sawatzki oder Sascha Nathan. Dabei handelt es sich bei „Gerry Star“ tatsächlich um das Erstlingswerk der blutjungen Filmemacher Max Wolter und Tom Gronau (Buch und Regie).
Produziert wurde die Serie von der Firma „Pyjama Pictures“ – von den Machern der Erfolgsserie „Discounter“ also. Man wirbt fleißig damit. Dabei wäre die Erwähnung des Vorbilds gar nicht nötig gewesen: Schon wieder eine Mockumentary – eine fiktive Dokumentation – und schon wieder Fremdschämhumor. Wenn es einmal läuft, dann will man es wohl laufen lassen.
Bei „Gerry Star“ allerdings wird nicht das Personal eines Supermarkts, sondern der abgehalfterte Musikproduzent Gerhard (Nathan) dokumentarisch begleitet, der, weil kein Erfolg, in einem Bowlingcenter-Center haust. Er soll die Tochter der Bowlingcenter-Betreiberin (Sawatzki) groß rausbringen. Vorbild: Britney Spears. Schenkelklopfer: geht optisch nicht auf.
Cringe oder 80er-Jahre-Humor
Dass sich nach deutschen Mockumentary-Erfolgen wie „Stromberg“, „Jerks“ oder eben „Discounter“ die überzeichneten Cringe-Witzeleien irgendwann versenden, ist offenbar allen Beteiligten egal. Und man setzt sogar noch einiges darauf: Onanie-Witze, Slapstick mit toten Tieren, plumpe Kalauer auf Kosten von körperlichen Normabweichungen.
Erwartete man von Generation Y bis Z nicht eigentlich woke, man würde „Gerry Star“ als kindisch abtun. So allerdings riecht die Aufmachung stark nach 80er-Jahre-Unterhaltungs-Mottenkiste und ist cringe. Einerseits konsequent – Hauptrolle-Gerhard steckt geistig in im letzten Jahrhundert fest –, andererseits fehlen die selbstreferenziellen Pointen.
Die überzeugenden schauspielerischen Leistungen von Sawatzki und Nathan sowieso, aber auch der Newcomer-Nebenrollen Caro Cult oder Noah Tinwa, retten die Serie leider nicht. Ebenso wenig helfen hochkarätige Gastauftritte etwa von Ben Becker oder Robert Stadlober. Den Machern schien schlicht ihre Handlung egal.
Und so genial wie einfach die Grundidee – wo sonst gibt es im Casting-Show-Zeitalter noch authentische Aufsteigergeschichten, wenn nicht in der Popmusik – zerfranst der rote Faden bereits nach Folge eins und kommt innerhalb der sieben folgenden nicht mehr zusammen.
Der finale Erfolg ob der Teilnahme beim Deggendorfer Song Contest (DSC) wird so auch dem Zuschauer gleichgültig.
Beim „Special Screening“, der Premiere also, hört man stellenweise immerhin einige Lacher. Ob die von den beteiligten oder von unvoreingenommenen Gästen kamen, war trotz der geringen Größe des Kinos leider nicht auszumachen.
„Gerry Star – Der (schlechteste) beste Produzent aller Zeiten“ läuft seit dem 10. Januar auf Amazon Prime.
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