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Die Sprecherin der Klimagruppe „Letzte Generation“ Carla Hinrichs im Amtsgericht Tiergarten.

© dpa/Annette Riedl

Update

„Der Mensch wird sowieso aussterben“: Schlagabtausch mit Klimaaktivistin – ist der Berliner Richter befangen?

Es geht um Dinos und Dummheit: Im Berliner Prozess gegen Carla Hinrichs von der „Letzten Generation“ lässt sich der Richter zu einer düsteren Bemerkung hinreißen.

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„Zynisch“, „ethisch unterkomplex“, „voreingenommen“: Eine Bemerkung des Berliner Amtsrichters Christoph Weyreuther im Prozess gegen die Klimaaktivistin Carla Hinrichs hat am Donnerstag Kritik hervorgerufen, besonders in sozialen Medien. Auslöser war ein kurzer Disput zwischen Hinrichs und Weyreuther, die sich im Amtsgericht Tiergarten gegenüber saßen und auf die Motivation für die Klimaproteste der Angeklagten zu sprechen kamen.

Sie habe angegeben, das Leben auf der Erde schützen zu wollen, woraufhin der Richter laut Hinrichs entgegnete, dass der Mensch sowieso aussterben werde: „Die Dinos sind auch ausgestorben. Der Mensch wird es sowieso, davon bin ich fest überzeugt. Das lässt sich nicht verhindern, dafür ist er zu dumm“, zitiert sie Richter Weyreuther in dem Tweet.

In der Folge kündigte Hinrichs Verteidiger Gerd Winter einen Antrag auf Richtertausch an. Weyreuther sei befangen, sagte der Anwalt laut „t-online“. Wie sich die Äußerungen des Richters genau einordnen lassen, ob er jedem Aktivismus den Sinn abspricht – darüber kann nur spekuliert werden. Es komme „einmal mehr nicht infrage, mit dem Richter zu sprechen“, sagt Christina von Bothmer, stellvertretende Sprecherin der Berliner Strafgerichte, zu einer entsprechenden Anfrage. Darüber hinaus sei der Prozess noch nicht abgeschlossen.

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Carla Hinrichs, eine der Gründerinnen und Sprecherin der „Letzten Generation“, muss sich wegen einer Straßenblockade in Berlin verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft der 26-Jährigen Nötigung vor. Sie soll sich am 10. Februar 2022 an einer Blockadeaktion an der Autobahnausfahrt Spandauer Damm beteiligt haben. Das räumte Hinrichs am Donnerstag ohne Umschweife ein. „Ich bin überzeugt, dass es richtig war“, sagte sie. Ihr sei bewusst, dass sie für ihre Aktionen bestraft werden könne.

Die „Letzte Generation“ war nach einem Klima-Hungerstreik in Berlin entstanden und fordert entscheidende Maßnahmen für den Klimaschutz. Seit Anfang 2022 blockierte sie immer wieder Autobahnausfahrten und andere Straßen in vielen Städten; einen Schwerpunkt bildet Berlin. Nach Angaben des Senats beantragte die Berliner Staatsanwaltschaft gegen Demonstrant:innen bislang 511 Strafbefehle und erhob 7 Anklagen.

Die Staatsanwaltschaft hatte gegen Hinrichs einen Strafbefehl über 900 Euro (30 Tagessätze je 30 Euro) beantragt. Aus Sicht des zuständigen Richters Christoph Weyreuther wäre eine geringere Geldstrafe (20 Tagessätze je 30 Euro) ausreichend gewesen. Da die Staatsanwaltschaft nicht zustimmte, kam es zum Prozess. Gegen Hinrichs gibt es nach Gerichtsangaben noch ein weiteres Verfahren.

Die 26-Jährige hält ihr Verhalten nicht für strafbar, wie sie sagt. Sie studiert Jura, hat das Studium aber nach eigenen Angaben wegen ihres Engagements für die Klimagruppe unterbrochen. „Wenn ich mir die Gesetze angucke, dann braucht es für eine Nötigung ein verwerfliches Verhalten“, sagte Hinrichs vor dem Prozess in einem „Taz“-Interview. Die Klimakrise sei die größte Krise, die sie sich vorstellen könne.

Auch vor Gericht vertrat sie diese Position. „Wir kreieren Aufmerksamkeit“, so Hinrichs in einem längeren Dispuz mit dem Richter. „Erst die Unterbrechung sorgt dafür, dass das Thema die notwendige Aufmerksamkeit bekommt.“ Dadurch sei eine Diskussion entstanden.

Weyreuther verwies darauf, dass der Protest aus Sicht vieler Jurist:innen die Schwelle zur Strafbarkeit überschritten habe. Bislang habe es in Berlin keinen Prozess gegeben, bei dem es zum Freispruch gekommen sei. Infolge solcher Äußerungen stellte die Verteidigung einen Beweisantrag gegen den Richter, so dass der Prozess unterbrochen wurde. Zunächst blieb unklar, wann er fortgesetzt wird. Ursprünglich hatte das Gericht einen Tag für den Prozess geplant. (mit dpa)

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