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Das Landgericht Berlin sprach den 56-Jährigen unter anderem des versuchten Mordes schuldig. (Archivbild)

© Jörg Carstensen/dpa

Putin-Gegner in Berlin verurteilt: Haftstrafe nach Anschlagsversuch auf Mitarbeiter russischer Nachrichtenagenturen

Ein Sprengsatz wird im Keller eines Mehrfamilienhauses gefunden. Ein Putin-Gegner gerät unter Verdacht. Der seit Jahrzehnten in Berlin lebende Russe spricht von einer Intrige. Nun gibt es ein Urteil.

Stand:

Opfer einer Intrige oder ein Täter, der einen Sprengsatz legte? Das Landgericht prüfte elf Monate und urteilte nun: Dmitry B. habe sich unter anderem des versuchten Mordes und der versuchten Brandstiftung mit Todesfolge schuldig gemacht. Eine Gesamtstrafe von fünf Jahren und vier Monaten erging gegen den Putin-Gegner. Der 56-Jährige habe nicht töten wollen, aber mögliche tödliche Folgen in Kauf genommen, „um ein brennendes Fanal zu setzen“.

Es war nach Überzeugung der Richter Dmitry B., der im April 2022 eine „unkonventionelle Spreng-/Brandvorrichtung“ – bestehend aus einem Kanister mit einem Gemisch aus Altöl und Kraftstoff, verbunden mit einer Zündvorrichtung und einer Gaskartusche – in einem Kellerschacht eines Mehrfamilienhauses in Steglitz platzierte. Mitarbeiter russischer Nachrichtenagenturen wohnten in dem Haus. Ziel sei es gewesen, „zu zeigen, dass sich russische Regimefreunde hier nicht sicher fühlen können“, so der Vorsitzende Richter.

Sein Schlusswort zog sich über Stunden

Am 6. Mai 2022 wurde der Brandsatz entdeckt. Nach einem Gutachten war er allerdings „objektiv ungefährlich“, doch davon sei B. nicht ausgegangen, hieß es weiter im Urteil. Nach der Tat habe er im Internet immer wieder die Adresse des Hauses eingegeben.

B. ist ein gebürtiger Russe, der seit 32 Jahren in Berlin lebt. Einst Unternehmer, im Prozess gab er „Ingenieur und Journalist“ an. Er ist in der russischen Dissidentenszene bekannt, soll dabei aber nicht unumstritten sein. Als Putin-Gegner machte er in Berlin mit Protestaktionen gegen den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine von sich reden, so etwa mit einem Protestcamp am Brandenburger Tor. Seit dem 14. Dezember 2022 sitzt er in U-Haft – kurz zuvor war eine belastende DNA-Spur aufgeploppt.

Dmitry B. hatte zu Prozessbeginn zunächst geschwiegen – gegen Ende redete er dafür umso mehr. Sein Schlusswort zog sich über Stunden. Er wolle Russlands Präsident Wladimir Putin „nur mit legalen Mitteln bekämpfen“. Man wolle ihm „etwas anhängen“, er sei Opfer einer Intrige russischer Nachrichtendienste.

Seine Verteidiger plädierten auf Freispruch vom Hauptvorwurf. Die weiteren Anklagepunkte – das Erschleichen von 14.000 Euro Corona-Soforthilfe sowie das Anzapfen der Stromleitung in seinem Wohnhaus – wurden nicht bestritten. Das Gericht ordnete wegen dieser Vorwürfe die Einziehung von 16.206 Euro an. Der Ankläger forderte fünfeinhalb Jahre Haft. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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