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© picture alliance/dpa/Jens Kalaene

Rapper gegen Berliner Clanchef: Prozess um Bushido und Arafat Abou-Chaker geht in den 100. Verhandlungstag

Die Trennung von Bushido und seinem Ex-Manager beschäftigt seit Jahren das Berliner Landgericht, nun gibt es ein Jubiläum. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

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Aus einstiger Freundschaft ist Feindschaft geworden: Der Streit zwischen dem Rapstar Bushido und seinem Ex-Manager Arafat Abou-Chaker, der als Berliner Clanchef gilt, beschäftigt seit Jahren die Justiz. Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung steht ein Strafprozess vor dem Landgericht unter anderem wegen des Vorwurfs der Erpressung.

Es ist ein zähes Ringen, das an diesem Montag seinen 100. Prozesstag erreicht und immer wieder für bundesweite Schlagzeilen sorgt. Ein Grund für die lange Verfahrensdauer – der Prozess hatte am 17. August 2020 begonnen – ist eine umstrittene Tonaufzeichnung, die seit Monaten den Prozess lahmlegt.

Worum geht es in dem Prozess?

Die Anklage gegen Arafat Abou-Chaker und drei seiner Brüder lautet unter anderem auf Freiheitsberaubung, versuchte schwere räuberische Erpressung, Nötigung, gefährliche Körperverletzung, Beleidigung und Untreue. Ein Großteil der Vorwürfe basiert auf den Aussagen von Bushido, der mit bürgerlichem Namen Anis Mohamed Ferchichi heißt.

Der 44-Jährige ist auch Nebenkläger in dem Prozess und hat zunächst an 25 Verhandlungstagen seine Sicht der Dinge geschildert. Dabei hatte er seine Beziehung zu dem Clanchef mit einer Zwangsehe verglichen. Sein Ex-Geschäftspartner habe bis zu 50 Prozent seiner Einnahmen als Rapper verlangt. Mitte August 2022 musste Bushido erneut aussagen. Hintergrund war ein zwischenzeitlich aufgetauchtes Tondokument.

Für die Aussage reiste der Musiker aus Dubai an, wo er inzwischen mit seiner Familie lebt. Der 44-Jährige und seine Frau Anna-Maria sind seit 2012 verheiratet und haben sieben gemeinsame Kinder. Ein Kind brachte die heute 41-Jährige aus einer vorherigen Beziehung mit in die Ehe.

Was hat es mit dem Tondokument auf sich?

Die Aufnahme soll heimlich bei einem für das Verfahren entscheidenden Treffen des Rappers und seines Ex-Managers am 18. Januar 2018 angefertigt worden sein. Aus Sicht der Verteidiger widerlegt die etwa zweistündige Tondatei die Darstellung von Bushido.

Über die Aufnahme hatte zunächst Anfang 2022 das Magazin „Stern“ berichtet, seit Anfang Februar 2022 liegt sie auch dem Gericht vor. Dieses hat einen Audioforensiker mit einem Gutachten darüber beauftragt, ob das Dokument authentisch ist. Inzwischen ist bekannt geworden, dass es sich bei dem vorliegenden Material wohl lediglich um eine Kopie der Audiodatei handelt.

Wie bewerten die Prozessbeteiligten das Gutachten?

Das Gericht hat sich dazu noch nicht geäußert. Es will den Experten voraussichtlich am 26. Juli als Zeugen hören. Oberstaatsanwältin Petra Leister ist offensichtlich skeptisch, ob die Untersuchung des Fachmanns zur Klärung taugt. „Ist natürlich schade, dass wir so viel Geld verschwendet haben“, sagte sie im Prozess. Nach Gerichtsangaben geht es um rund 23.000 Euro.

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Bushidos Anwalt sieht seine bisherige Einschätzung durch die vorläufige Bewertung des Gutachters bestätigt. Nach dem Fazit des Audio-Experten sei „der Datei mit vorsichtiger Skepsis zu begegnen“, sagte er am Rande des Prozesses. Die Datei sei für ihn schon immer eine Fälschung gewesen, um seinen Mandanten zu diskreditieren. Der Verteidiger des angeklagten Ex-Managers, Hansgeorg Birkhoff, wies dies zurück. Er wollte bislang zum Inhalt des Gutachtens nichts sagen, meinte dazu nur knapp: „Wer lesen kann, ist klar im Vorteil.“

Wie verhalten sich die Angeklagten?

Der 47 Jahre alte Arafat Abou-Chaker und seine mitangeklagten Brüder Nasser, Yasser und Rommel Abou-Chaker schweigen, können sich allerdings manchmal Zwischenrufe nicht verkneifen. Als freie Männer kommen sie zu den Terminen im Kriminalgericht – meistens schlendernd und betont sportlich gekleidet. Wenn Bushido persönlich erscheint, wird er dagegen abgeschirmt von mehreren vermummten Personenschützern in den Saal 500 gebracht.

Was sagen andere Zeugen?

Knapp 60 Zeugen wurden bislang nach Gerichtsangaben gehört. Dabei kamen mehrere prominente Rapper zu Wort – darunter Samra, Fler, Ali Bumaye und Kay One. Der Berliner Rapper Fler hatte im Zeugenstand erklärt, aus seiner Sicht seien die beiden ein „perfektes Team“ gewesen. Ein gänzlich anderes Bild zeichnete Bushidos Frau, die als die starke Frau an seiner Seite gilt. Die Vernehmung von Anna-Maria Ferchichi zog sich über Monate hin, weil sie wegen ihrer Drillingsschwangerschaft unterbrochen werden musste.

Welche Signale kommen von den zuständigen Richtern?

Anfang Juni 2022 hat das Landgericht eine ernüchternde Bilanz gezogen: Demnach haben sich die Vorwürfe der Freiheitsberaubung und der versuchten schweren räuberischen Erpressung nach vorläufiger Einschätzung nicht bestätigt. Doch es gibt weitere Vorwürfe wie etwa die Veruntreuung von 180.000 Euro, Nötigung und gefährliche Körperverletzung.

Mit einem Urteil wird in diesem Jahr gerechnet. „Aus Sicht des Gerichts befindet sich der Prozess auf der Zielgeraden“, erklärte der Vorsitzende Richter Martin Mrosk. Der weitere Verlauf dürfte jedoch davon abhängen, was die Befragung des Gutachters ergibt.

Warum dauert der Prozess so lange und was hat er bislang gekostet?

Zu Beginn haben die strengen Corona-Auflagen dazu geführt, dass die Verhandlungstage zeitlich beschränkt waren. Dann fehlten mehrfach Zeugen. Schließlich tauchte die Tonaufnahme auf. Neben den Kosten für das Gutachten liegen keine weiteren finanziellen Angaben vor. Das Gericht müsse alle möglichen Beweise heranziehen, sagte eine Sprecherin. „Die Kosten sind dabei aus gutem Grund kein Kriterium. Das wäre nicht rechtsstaatlich.“

Ist mit dem Urteil das Kapitel Bushido contra Clanchef erledigt?

Das ist kaum anzunehmen. Erstens bleibt abzuwarten, ob das Urteil im Strafverfahren rechtskräftig wird. Daneben gibt es vor Zivilgerichten in Berlin und Brandenburg weitere Prozesse. So streiten Bushido und sein Ex-Manager um Einnahmen in Millionenhöhe. Das Landgericht Berlin hatte den Clanchef zur Zahlung von mehr als 2,2 Millionen Euro an den Rapper verurteilt. Dagegen wehrt sich der 47-Jährige. In Brandenburg geht unterdessen vor dem Oberlandesgericht ein Zivilstreit der beiden um eine Wohnanlage weiter, die sie gemeinsam besitzen.

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