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Menschen laufen in den Fluren der Zelte mit Schlafraum in der Unterkunft in Tegel

© IMAGO/Emmanuele Contini

Rechnungen für Tegel nicht ausreichend geprüft: Opposition fordert transparente Aufarbeitung und Akteneinsicht vom Berliner Senat

„Fragwürdiges Konstrukt“ und „leichtfertiger“ Umgang mit Steuergeld: Die Opposition kritisiert die Vorgänge rund um die Flüchtlingsunterkunft Tegel. Die CDU verweist auf die SPD-Sozialsenatorin.

Stand:

Nach Vorwürfen gegen das Land Berlin und die Messe über nicht ausreichend geprüfte Rechnungen für die Sicherheit in Tegel fordert die Opposition Aufklärung.

Der Vorgang sei „alarmierend“, sagte Grünen-Fraktionsvorsitzende Bettina Jarasch. Er zeige, „wie leichtfertig der Senat und die landeseigene Messe Berlin offenbar mit Steuergeldern“ umgingen. „Wer einem Auftragnehmer die Kontrolle über Abrechnungen überlässt, von denen er selbst profitiert, verabschiedet sich von jedem seriösen Umgang mit Steuergeldern“, sagte sie.

„Der Senat muss die Vorwürfe transparent aufarbeiten, eine lückenlose Akteneinsicht gewähren und Tegel endlich vom Kopf auf die Füße stellen: Die Rechnungsprüfung muss künftig strikt unabhängig erfolgen, Auftragserteilung und Kontrolle müssen getrennt sein“, forderte Jarasch.

Lukrative Querfinanzierung für die Messe Berlin.

Bettina Jarasch, Fraktionsvorsitzende der Grünen, über das Engagement des Landesunternehmens in Tegel

Sie kritisierte auch die Prämie für die Messe, durch die das landeseigene Unternehmen hohe Gewinne machte. Es sei eine „lukrative Querfinanzierung für die Messe Berlin“ geschaffen worden. „Es sieht so aus, als hätte auch die Geschäftsführung der Messe wenig Interesse daran gehabt, an diesem fragwürdigen Konstrukt etwas zu ändern: wurde doch der Vertrag mit der Sicherheitsfirma erst Jahre zu spät und auf öffentlichen Druck hin erneut ausgeschrieben“, sagte sie.

Die Messe Berlin müsse zeigen, dass sie mit ihrem eigentlichen Kerngeschäft schwarze Zahlen schreiben könne. Jarasch sieht die Verantwortung dafür, dass solch ein aus ihrer Sicht „intransparentes und teures Konstrukt“ jahrelang Bestand haben konnte, beim schwarz-roten Senat.

Linken-Fraktionschefin Anne Helm sagte, die „restlose Aufklärung der im Raum stehenden Vorwürfe“ – auch angesichts dessen, was sie als „Haushaltschaos von CDU und SPD“ bezeichnete – könne nur ein erster Schritt sein. „Auch die neuesten Enthüllungen zeigen, dass zwar für die bundesweit teuerste Geflüchtetenunterkunft viel Geld ausgegeben wird, doch offensichtlich nicht, um die dort lebenden Menschen möglichst gut unterzubringen“, sagte Helm. Sowohl Jarasch als auch Helm verlangen vom Senat bessere Unterkünfte für geflüchtete Menschen in Berlin.

CDU sieht Sozialverwaltung in der Verantwortung für Klärung

AfD-Fraktionschefin Kristin Brinker forderte ebenfalls, die Fakten müssten „vollständig und nachvollziehbar“ auf den Tisch kommen. Die Berliner hätten ein Recht zu erfahren, was mit ihrem Geld passiere.

Auf Anfrage äußerte sich CDU-Fraktionschef Dirk Stettner nur knapp. Die Zuständigkeit liege bei Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD), sagte er. „Ich bin überzeugt, sie wird diese Behauptungen schnell sehr genau prüfen und bei Bedarf die notwendigen Konsequenzen ziehen.“ Die SPD-Fraktion äußerte sich auf Anfrage nicht.

Nach den Vorwürfen zu der mangelhaften Prüfung von Rechnungen in Millionenhöhe hatte es am Montag erste Konsequenzen gegeben: Die Messe Berlin wird sich von ihren Tätigkeiten in Tegel zurückziehen. Den Neubau für ein reguläres Ankunftszentrum am Standort ab 2026 werde sie nicht durchführen, erklärte die Sozialverwaltung am Montag. Eine Sprecherin der Messe erklärte, das Unternehmen werde sein Engagement „schrittweise“ reduzieren und sich künftig auf das „Kerngeschäft“ konzentrieren.

Zuvor war bekannt geworden, dass Rechnungen in Höhe von 100 Millionen Euro für den Sicherheitsdienst in Tegel in 2022 und 2023 nach Ansicht des Rechnungshofs nicht ausreichend geprüft wurden. Das Land Berlin hatte die Rechnungsprüfung an die Messe übertragen, obwohl diese selbst durch einen 15-Prozent-Aufschlag von den Rechnungen profitierte.

Nach Tagesspiegel-Informationen wirft der Rechnungshof der Messe zudem vor, beim Vertrag mit dem Sicherheitsdienst gegen das Vergaberecht verstoßen zu haben. Demnach hätte der 2013 geschlossene Rahmenvertrag bereits 2017 neu ausgeschrieben werden müssen. Die Messe, eine landeseigene GmbH, hatte erklärt, jede Rechnung grundsätzlich „sorgfältig in einem mehrstufigen Freigabeprozess“ zu kontrollieren.

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