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„Homophobie ist Sünde“-Banner an der Gethsemanekirche zum CSD 2021. Zum ersten Mal gab`s jetzt einen queeren Unigottesdienst.

© IMAGO/epd

Rechte filmten heimlich queeren Gottesdienst: Berliner Humboldt-Uni wehrt sich gegen Hetze

Nach einem alternativen Gottesdienst von Theologie-Studierenden tauchen heimlich gedrehte Videos der Veranstaltung auf. Der Urheber: ein bekannter rechter YouTube-Kanal.

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Als sich im Januar das Wintersemester der Humboldt-Universität dem Ende neigte, veranstalteten Studierende der Theologischen Fakultät als Abschluss einen queeren Gottesdienst. Der Veranstaltung fand in Kooperation mit dem Universitätsprediger und der Evangelischen Studierendengemeinde der Hochschule statt und gilt als die erste dieser Art von Studierenden einer Lehreinrichtung in der Hauptstadt.

Ziel des Gottesdienstes war es unter anderem, der Kirche die unterschiedlichen Perspektiven von queeren Menschen zu vermitteln. Ein im Nachgang im Internet veröffentlichtes Video des Zusammenseins in der Sophienkirche in Mitte löst nun Entrüstung an der Universität aus.

Verantwortlich für den Inhalt des Clips ist der YouTube-Kanal der sogenannten „Ketzer der Neuzeit“, der seit Beginn der Corona-Pandemie Verschwörungsideologien, queerfeindliche Hetze und Reichsbürger-Thesen im Netz verbreitet. Hinter dem Projekt steht der Berliner Leonard J. , der in Interviews regelmäßig unterschiedliche Akteure des rechten Milieus befragt.

Das Video des queeren Gottesdienstes ist mit der Zeile „Undercover bei LGTBQ-Kirche... (verstörend)“ betitelt und erreichte mittlerweile über 175.000 Aufrufe. Zu sehen sind unter anderem versteckt gedrehte Aufnahmen der Predigt.

Störer gaben sich als Münchner Studierende aus

In einem weiteren Video werden Besucher und Besucherinnen des Gottesdienstes unter einem Vorwand vor der Kamera interviewt. Die Gruppe um J. gibt sich als Münchner Studenten eines Uni-Projektes aus. In beiden Videos wird immer wieder gegen das Anliegen des Gottesdienstes gehetzt und verächtlich über queere Menschen gesprochen.

Der RefRat, die Studierendenvertretung der Humboldt-Universität, bezeichnet die Videos in einem Statement als einen Vorfall „rechter Hetze“ und spricht von der Instrumentalisierung der Veranstaltung für „rechtsradikale Propagandazwecke“. „Bei
diesem Vorfall wird wieder einmal deutlich, wie fundamentalistische Bibelinterpretationen dazu genutzt werden, queerfeindliche Hetze zu legitimieren und queeren Menschen sichere Räume abzusprechen“, erklärte Pascal Vögele, Referent für queere Studierende.

Bei diesem Vorfall wird wieder einmal deutlich, wie fundamentalistische Bibelinterpretationen dazu genutzt werden, queerfeindliche Hetze zu legitimieren und queeren Menschen sichere Räume abzusprechen.

Pascal Vögele, Referent für queere Studierende an der HU

Der Dekan der Theologischen Fakultät, Bernd U. Schipper, sagte dem Tagesspiegel, dass man sich als Fakultät entschieden gegen jede Form der Hetze und Verunglimpfung der eigenen Studierenden wehren würde. Jeden Angriff auf queere Studierende verstehe man als Angriff auf die gesamte Fakultät, heißt es weiter. Laut der HU-Pressestelle soll es sich bei den Störern höchstwahrscheinlich nicht um eigene Studierende handeln.

Auch die Kirche nimmt in einem offenen Brief der Universitätsprediger Stellung und verurteilt die Verunglimpfung des Gottesdienstes. „Wir werden jedenfalls gern im kommenden Semester wieder einen solchen Gottesdienst mit Ihnen feiern - dass er notwendig ist, zeigen, wie gesagt, genau diese Videos“, heißt es zum Abschluss.
   

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